Das Langstrassenquartier 1990 bis 2007 - Veränderungen, Einflüsse, Einschätzungen
Medienmitteilung
Bericht des Geographischen Instituts der Universität Zürich (GIUZ) im Auftrag von Stadtentwicklung Zürich und dem Polizeidepartement
Bauliche und soziale Aufwertungstendenzen, eine Zunahme von Arbeitsplätzen und Betrieben im Kreativsektor und damit verbunden eine Tendenz hin zum Trendquartier, jedoch keine grossflächigen Verdrängungsprozesse sind die Hauptergebnisse des Berichts des GIUZ zu den Veränderungen der Bevölkerungszusammensetzung, der Gewerbestruktur sowie der baulichen Entwicklung im Langstrassenquartier im untersuchten Zeitraum.
28. Oktober 2008
Dem Langstrassenquartier wurde in der Vergangenheit eine düstere Zukunft prophezeit. Themen wie Rotlichtmilieu und offene Drogenszene, Unwirtlichkeit und Abwertung prägten die öffentliche Debatte. Der Stadtrat lancierte deshalb 2001 das Quartierentwicklungsprojekt «Langstrasse PLUS». Seither hat sich aus Sicht der Stadt Zürich einiges, aber nicht alles zum Guten gewendet. Nachdem um die Jahrtausendwende aus dem Quartier dringende Massnahmen zur Aufwertung gefordert wurden, ist mittlerweile bereits von übertriebener Aufwertung und Verdrängung die Rede.
Um Klarheit über die effektive Entwicklung in den letzten eineinhalb Jahrzehnten zu erhalten, gaben Stadtentwicklung Zürich und das Polizeidepartement der Stadt Zürich beim Geographischen Institut der Universität Zürich (GIUZ) einen Bericht über die bauliche, soziale und ökonomische Entwicklung des Langstrassenquartiers im Zeitraum 1990 bis 2007 in Auftrag. Den Auftraggebern war es ein Anliegen, eine umfassende, sekundärstatistische Darstellung zur Entwicklung des Langstrassenquartiers in den letzten zwei Dekaden zu erhalten. Es handelt sich dabei explizit nicht um eine Evaluation des Projekts «Langstrasse PLUS».
Veränderungen der Bevölkerungszusammensetzung
Eine der augenscheinlichsten Veränderungen im untersuchten Zeitraum ist der deutliche Rückgang der ausländischen Bevölkerung. Dieser geht fast vollständig zulasten von Personen aus Herkunftsregionen wie Südeuropa, Ländern des ehemaligen Jugoslawien oder der Türkei, wobei der Rückgang ausgeprägt im Zeitraum 1990 bis 2000 feststellbar ist. Der Zuwachs an Personen aus nordeuropäischen Ländern – zum grössten Teil Deutsche – findet hingegen akzentuiert erst ab 2004 statt. Über den ganzen Zeitraum nahm die Anzahl Personen mit Schweizer Pass leicht zu, während die Gesamtbevölkerung etwas abnahm. Rund die Hälfte aller Wegziehenden verliess die Stadt, der grösste Teil davon zog direkt ins Ausland. Innerhalb der Stadt waren die Quartiere Sihlfeld, Gewerbeschule, Hard, Altstetten, Alt-Wiedikon und Wipkingen die beliebtesten Ziele von Wegziehenden. Ein grosser Teil der Umzüge findet zudem im Langstrassenquartier selbst statt.
Die Veränderungen der Bevölkerungszusammensetzung nach Herkunft gehen einher mit einem Statusanstieg. Sozialer Status wird üblicherweise über Bildung, berufliche Stellung und Einkommen gemessen. Im Langstrassenquartier ist der Anstieg primär auf eine Bildungsexpansion und weniger auf einen starken Einkommensanstieg zurückzuführen. Bemerkenswert ist, dass der Statusanstieg im Quartier grösstenteils zwischen 1990 und 2000 stattfand und sich zumindest hinsichtlich der Einkommensentwicklung zwischen 2001 und 2006 vorerst nicht weiter fortsetzt. Daten zu Bildung und beruflicher Stellung werden nur in der eidgenössischen Volkszählung erhoben und fehlen für diesen Zeitraum.
Veränderung der Gewerbestruktur
Zwischen 1995 und 2005 ist im Langstrassenquartier eine starke Zunahme an Arbeitsstätten und Arbeitsplätzen in der Kreativwirtschaft (Musik-, Buch-, Kunst-, Film-, Rundfunk-, Design-, Werbe-, Kunsthandwerk-, Presse-, Werbe-, Architekturbranche, Darstellende Kunst und Software/Game-Industrie) festzustellen. Diese Entwicklung kann als Ausdruck einer Umwertung hin zu einem Trendquartier gedeutet werden. Das starke Wachstum der Kreativwirtschaft findet hauptsächlich im Zeitraum 1995-2001 statt, danach ist im Langstrassenquartier nur noch eine leichte Expansion der Kreativwirtschaft festzustellen. Hingegen nimmt die Anzahl Detailhandelsbetriebe im Gegensatz zum gesamtstädtischen Trend zwischen 2001 und 2005 wieder zu. Auch in der Entwicklung der Gewerbestruktur findet also um die Jahrtausendwende ein Bruch in der Entwicklung statt.
Entwicklung des Liegenschaftsmarktes und der Baustruktur
Das Langstrassenquartier weist im Zeitraum von 1993 bis 2007 insgesamt eine Zunahme der Neubau- und Sanierungstätigkeit auf, welche allerdings im Vergleich zur Gesamtstadt unterdurchschnittlich bleibt, sich aber seit 2003 verstärkt. Diese Entwicklung deckt sich mit einer zunehmenden Bau- und Sanierungstätigkeit in der ganzen Stadt im selben Zeitraum und ist damit wohl vor allem Ausdruck der guten wirtschaftlichen Entwicklung der letzten Jahre. Die kleinteilige Eigentumsstruktur und die Substanz des Gebäudebestandes dürften, zusammen mit den hohen Renditen der gegenwärtigen milieubezogenen Nutzungen und den damit einhergehenden überteuerten Gebäudepreisen, die Hauptgründe für die unterdurchschnittliche Bau- und Sanierungstätigkeit sein. Hinzu kommt, dass sich die Banken hinsichtlich der Kreditvergabe für Projekte im Langstrassenquartier immer noch eher zurückhaltend zeigen. Ebenfalls einen hemmenden Einfluss dürfte die Planungsunsicherheit in Zusammenhang mit der geplanten Tramlinie 1 (Baulinie Neufrankengasse/ Langstrasse) darstellen.
Aufwertung ohne grossflächige Verdrängung
Eine Verdrängung von einzelnen Bevölkerungsgruppen und Nutzungsformen konstatiert das GIUZ bei Ersatzneubau- und Sanierungstätigkeit sowie bei Umwandlungen in Stockwerkeigentum. So sind in diesen Fällen unter den Neuzuziehenden weniger Personen mit tiefen Einkommen sowie Personen ausländischer, aber nicht nordeuropäischer Herkunft zu finden. Insgesamt werden im untersuchten Zeitraum von 1990 bis 2007 im Langstrassenquartier bauliche Aufwertungstendenzen, eine gewisse Entwicklung hin zum Trendquartier, jedoch keine grossflächigen Verdrängungsprozesse konstatiert. Das GIUZ spricht von einer «inselhaften» Gentrifizierung.
Unterschiedliche Entwicklungen in den Teilgebieten
Die einzelnen Teilgebiete des Langstrassenquartiers (entsprechen den statistischen Zonen) weisen eine heterogene und teils divergierende Entwicklung auf. Es kann daher nicht von einer gleichförmigen Entwicklung des gesamten Quartiers gesprochen werden. Während etwa die Teilgebiete Engelstrasse, Bäckeranlage und Bezirksgebäude deutliche Aufwertungstendenzen aufweisen, tragen die beiden Teilgebiete Schöneggplatz und Sihlpost in der Nähe der Gleisanlagen nur beschränkt zur allgemeinen Aufwertungstendenz des Quartiers bei.
Drei mögliche Szenarien für die weitere Entwicklung
Die Autoren sind der Ansicht, dass sich das Langstrassenquartier möglicherweise an einem Scheideweg befindet und formulieren drei mögliche Entwicklungsszenarien:
1. Akzentuierte Dynamik: Das Quartier steht in, bzw. vor einer Phase einer stärker akzentuierten Aufwertungsdynamik. Darauf weisen steigende Einkommen, steigender sozioprofessioneller Status in den 90er Jahren sowie eine zunehmenden Bau- und Sanierungstätigkeit seit 2003 hin. Eine tatsächliche, akzentuierte Aufwertungs- und Neubaudynamik könnte zu einer stärkeren sozialen Polarisierung und einem Verlust der baulichen Charakteristik des Quartiers führen.
2. Erneute Degradation: Ein weiteres Entwicklungsszenario wäre eine Stagnation mit nachfolgender Degradation. Diese Entwicklung ist bei einem Abbau des Ressourceneinsatzes seitens der städtischen Akteure durchaus ein mögliches Szenario.
3. Fortschreibung aktuelle Entwicklung: Das wahrscheinlichste Szenario ist die Fortschreibung der aktuellen Entwicklung. Aufgrund der Kleinteiligkeit und der baurechtliche Zuweisung als Quartiererhaltungszone ist weiterhin mit einer langsam verlaufenden baulichen Aufwertung, mit einigen räumlich beschränkten «Aufwertungsinseln», welche sich in Bezug auf Bausubstanz, Wohnungszuschnitte und Sozialstruktur vom restlichen Quartier abheben, zu rechnen. Voraussetzung für eine fortschreitende Aufwertung ist nicht zuletzt auch die kurz- bis mittelfristige Verfügbarkeit von geeigneten, marktgerechten Investitionsobjekten und Finanzierungsmöglichkeiten zu vernünftigen Konditionen.
Definition Gentrifizierung
Das aus der Stadtsoziologie und -geographie stammende Konzept der Gentrifizierung (engl. Gentrification) beschreibt die bauliche und soziale Aufwertung von Stadtquartieren, die vormals durch statusniedrige Bevölkerung und bauliche Degradation gekennzeichnet waren. Idealtypisch verläuft dieser Veränderungsprozess in zwei Phasen. In der ersten Phase verdrängen so genannte «Pioniere», z.B. Studierende und Kulturschaffende einen Teil der bisherigen statusniedrigen Bevölkerung, bevor sie selbst in der zweiten Phase zusammen mit der verbleibenden alteingesessenen Bevölkerung durch statushohe und einkommensstarke Bevölkerungsgruppen, den so genannten «Gentrifiern», verdrängt werden. Hierzulande verlaufen Gentrifizierungsprozesse im Gegensatz zum angelsächsischen Raum, aus dem das theoretische Konzept stammt, aufgrund des stärker regulierten Wohnungsmarktes deutlich langsamer und weniger akzentuiert ab. Im politischen Diskurs schwankt die Einschätzung von Gentrifizierungsprozessen zwischen zwei Extrempositionen: einerseits wird sie als Aufwertung degradierter Stadtteile begrüsst, andererseits als gezielte Verdrängungspolitik angeprangert.
Um Klarheit über die effektive Entwicklung in den letzten eineinhalb Jahrzehnten zu erhalten, gaben Stadtentwicklung Zürich und das Polizeidepartement der Stadt Zürich beim Geographischen Institut der Universität Zürich (GIUZ) einen Bericht über die bauliche, soziale und ökonomische Entwicklung des Langstrassenquartiers im Zeitraum 1990 bis 2007 in Auftrag. Den Auftraggebern war es ein Anliegen, eine umfassende, sekundärstatistische Darstellung zur Entwicklung des Langstrassenquartiers in den letzten zwei Dekaden zu erhalten. Es handelt sich dabei explizit nicht um eine Evaluation des Projekts «Langstrasse PLUS».
Veränderungen der Bevölkerungszusammensetzung
Eine der augenscheinlichsten Veränderungen im untersuchten Zeitraum ist der deutliche Rückgang der ausländischen Bevölkerung. Dieser geht fast vollständig zulasten von Personen aus Herkunftsregionen wie Südeuropa, Ländern des ehemaligen Jugoslawien oder der Türkei, wobei der Rückgang ausgeprägt im Zeitraum 1990 bis 2000 feststellbar ist. Der Zuwachs an Personen aus nordeuropäischen Ländern – zum grössten Teil Deutsche – findet hingegen akzentuiert erst ab 2004 statt. Über den ganzen Zeitraum nahm die Anzahl Personen mit Schweizer Pass leicht zu, während die Gesamtbevölkerung etwas abnahm. Rund die Hälfte aller Wegziehenden verliess die Stadt, der grösste Teil davon zog direkt ins Ausland. Innerhalb der Stadt waren die Quartiere Sihlfeld, Gewerbeschule, Hard, Altstetten, Alt-Wiedikon und Wipkingen die beliebtesten Ziele von Wegziehenden. Ein grosser Teil der Umzüge findet zudem im Langstrassenquartier selbst statt.
Die Veränderungen der Bevölkerungszusammensetzung nach Herkunft gehen einher mit einem Statusanstieg. Sozialer Status wird üblicherweise über Bildung, berufliche Stellung und Einkommen gemessen. Im Langstrassenquartier ist der Anstieg primär auf eine Bildungsexpansion und weniger auf einen starken Einkommensanstieg zurückzuführen. Bemerkenswert ist, dass der Statusanstieg im Quartier grösstenteils zwischen 1990 und 2000 stattfand und sich zumindest hinsichtlich der Einkommensentwicklung zwischen 2001 und 2006 vorerst nicht weiter fortsetzt. Daten zu Bildung und beruflicher Stellung werden nur in der eidgenössischen Volkszählung erhoben und fehlen für diesen Zeitraum.
Veränderung der Gewerbestruktur
Zwischen 1995 und 2005 ist im Langstrassenquartier eine starke Zunahme an Arbeitsstätten und Arbeitsplätzen in der Kreativwirtschaft (Musik-, Buch-, Kunst-, Film-, Rundfunk-, Design-, Werbe-, Kunsthandwerk-, Presse-, Werbe-, Architekturbranche, Darstellende Kunst und Software/Game-Industrie) festzustellen. Diese Entwicklung kann als Ausdruck einer Umwertung hin zu einem Trendquartier gedeutet werden. Das starke Wachstum der Kreativwirtschaft findet hauptsächlich im Zeitraum 1995-2001 statt, danach ist im Langstrassenquartier nur noch eine leichte Expansion der Kreativwirtschaft festzustellen. Hingegen nimmt die Anzahl Detailhandelsbetriebe im Gegensatz zum gesamtstädtischen Trend zwischen 2001 und 2005 wieder zu. Auch in der Entwicklung der Gewerbestruktur findet also um die Jahrtausendwende ein Bruch in der Entwicklung statt.
Entwicklung des Liegenschaftsmarktes und der Baustruktur
Das Langstrassenquartier weist im Zeitraum von 1993 bis 2007 insgesamt eine Zunahme der Neubau- und Sanierungstätigkeit auf, welche allerdings im Vergleich zur Gesamtstadt unterdurchschnittlich bleibt, sich aber seit 2003 verstärkt. Diese Entwicklung deckt sich mit einer zunehmenden Bau- und Sanierungstätigkeit in der ganzen Stadt im selben Zeitraum und ist damit wohl vor allem Ausdruck der guten wirtschaftlichen Entwicklung der letzten Jahre. Die kleinteilige Eigentumsstruktur und die Substanz des Gebäudebestandes dürften, zusammen mit den hohen Renditen der gegenwärtigen milieubezogenen Nutzungen und den damit einhergehenden überteuerten Gebäudepreisen, die Hauptgründe für die unterdurchschnittliche Bau- und Sanierungstätigkeit sein. Hinzu kommt, dass sich die Banken hinsichtlich der Kreditvergabe für Projekte im Langstrassenquartier immer noch eher zurückhaltend zeigen. Ebenfalls einen hemmenden Einfluss dürfte die Planungsunsicherheit in Zusammenhang mit der geplanten Tramlinie 1 (Baulinie Neufrankengasse/ Langstrasse) darstellen.
Aufwertung ohne grossflächige Verdrängung
Eine Verdrängung von einzelnen Bevölkerungsgruppen und Nutzungsformen konstatiert das GIUZ bei Ersatzneubau- und Sanierungstätigkeit sowie bei Umwandlungen in Stockwerkeigentum. So sind in diesen Fällen unter den Neuzuziehenden weniger Personen mit tiefen Einkommen sowie Personen ausländischer, aber nicht nordeuropäischer Herkunft zu finden. Insgesamt werden im untersuchten Zeitraum von 1990 bis 2007 im Langstrassenquartier bauliche Aufwertungstendenzen, eine gewisse Entwicklung hin zum Trendquartier, jedoch keine grossflächigen Verdrängungsprozesse konstatiert. Das GIUZ spricht von einer «inselhaften» Gentrifizierung.
Unterschiedliche Entwicklungen in den Teilgebieten
Die einzelnen Teilgebiete des Langstrassenquartiers (entsprechen den statistischen Zonen) weisen eine heterogene und teils divergierende Entwicklung auf. Es kann daher nicht von einer gleichförmigen Entwicklung des gesamten Quartiers gesprochen werden. Während etwa die Teilgebiete Engelstrasse, Bäckeranlage und Bezirksgebäude deutliche Aufwertungstendenzen aufweisen, tragen die beiden Teilgebiete Schöneggplatz und Sihlpost in der Nähe der Gleisanlagen nur beschränkt zur allgemeinen Aufwertungstendenz des Quartiers bei.
Drei mögliche Szenarien für die weitere Entwicklung
Die Autoren sind der Ansicht, dass sich das Langstrassenquartier möglicherweise an einem Scheideweg befindet und formulieren drei mögliche Entwicklungsszenarien:
1. Akzentuierte Dynamik: Das Quartier steht in, bzw. vor einer Phase einer stärker akzentuierten Aufwertungsdynamik. Darauf weisen steigende Einkommen, steigender sozioprofessioneller Status in den 90er Jahren sowie eine zunehmenden Bau- und Sanierungstätigkeit seit 2003 hin. Eine tatsächliche, akzentuierte Aufwertungs- und Neubaudynamik könnte zu einer stärkeren sozialen Polarisierung und einem Verlust der baulichen Charakteristik des Quartiers führen.
2. Erneute Degradation: Ein weiteres Entwicklungsszenario wäre eine Stagnation mit nachfolgender Degradation. Diese Entwicklung ist bei einem Abbau des Ressourceneinsatzes seitens der städtischen Akteure durchaus ein mögliches Szenario.
3. Fortschreibung aktuelle Entwicklung: Das wahrscheinlichste Szenario ist die Fortschreibung der aktuellen Entwicklung. Aufgrund der Kleinteiligkeit und der baurechtliche Zuweisung als Quartiererhaltungszone ist weiterhin mit einer langsam verlaufenden baulichen Aufwertung, mit einigen räumlich beschränkten «Aufwertungsinseln», welche sich in Bezug auf Bausubstanz, Wohnungszuschnitte und Sozialstruktur vom restlichen Quartier abheben, zu rechnen. Voraussetzung für eine fortschreitende Aufwertung ist nicht zuletzt auch die kurz- bis mittelfristige Verfügbarkeit von geeigneten, marktgerechten Investitionsobjekten und Finanzierungsmöglichkeiten zu vernünftigen Konditionen.
Definition Gentrifizierung
Das aus der Stadtsoziologie und -geographie stammende Konzept der Gentrifizierung (engl. Gentrification) beschreibt die bauliche und soziale Aufwertung von Stadtquartieren, die vormals durch statusniedrige Bevölkerung und bauliche Degradation gekennzeichnet waren. Idealtypisch verläuft dieser Veränderungsprozess in zwei Phasen. In der ersten Phase verdrängen so genannte «Pioniere», z.B. Studierende und Kulturschaffende einen Teil der bisherigen statusniedrigen Bevölkerung, bevor sie selbst in der zweiten Phase zusammen mit der verbleibenden alteingesessenen Bevölkerung durch statushohe und einkommensstarke Bevölkerungsgruppen, den so genannten «Gentrifiern», verdrängt werden. Hierzulande verlaufen Gentrifizierungsprozesse im Gegensatz zum angelsächsischen Raum, aus dem das theoretische Konzept stammt, aufgrund des stärker regulierten Wohnungsmarktes deutlich langsamer und weniger akzentuiert ab. Im politischen Diskurs schwankt die Einschätzung von Gentrifizierungsprozessen zwischen zwei Extrempositionen: einerseits wird sie als Aufwertung degradierter Stadtteile begrüsst, andererseits als gezielte Verdrängungspolitik angeprangert.