Bevölkerungsbefragung 2009: Zürich ist ein guter Ort zum Wohnen und Leben
Medienmitteilung
Die allermeisten Zürcherinnen und Zürcher bewerten ihre Stadt als einen guten Ort zum Wohnen und zum Leben. Die Stadt Zürich hat für ihre Bevölkerung nichts an Attraktivität eingebüsst, im Gegenteil: Die Befragten schätzen die Lebensqualität noch besser ein als in den früheren Bevölkerungsbefragungen. Der Verkehr, die Wohnungsmarktsituation und Baustellen werden am häufigsten als Probleme der Stadt genannt. Der Verkehr war in diesem Jahr das Schwerpunktthema. Die Bewertung der Verkehrssituation zeigt teilweise widersprechende Bedürfnisse. Mit dem öffentlichen Verkehr sind die Befragten ausgesprochen zufrieden. Gewünscht wird die Förderung des Veloverkehrs und allgemein mehr Anstrengungen zur Verbesserung der Umweltsituation.
2. September 2009
Zürichs Bevölkerung mag ihre Stadt: 98 Prozent der Befragten wohnen sehr gerne oder gerne in der Stadt Zürich. Die Lebensqualität wird mit einem Notenschnitt von über 5 (auf einer 6er-Notenskala) sogar etwas besser als in den früheren Bevölkerungsbefragungen eingeschätzt. Als positive Aspekte von Zürich nennen die Befragten insbesondere den öffentlichen Verkehr, die Lage am See sowie das kulturelle Angebot.
Wie in den Jahren zuvor ist aus Sicht der Befragten der Verkehr das grösste Problem der Stadt (45 Prozent der Befragten nennen den Verkehr als grosses Problem). Am zweithäufigsten genannt wird neu mit 18 Prozent Nennungen das Wohnungsproblem (plus 11 Prozent gegenüber 2007). Häufiger als Problem genannt werden auch die Baustellen (11 Prozent, plus 4 Prozent gegenüber 2007). Alle weiteren wichtigen Themen haben hingegen an Bedeutung verloren und werden von den Befragten weniger oft genannt als in den Vorjahren, wie Ausländerfragen (15 Prozent, minus 5 Prozent), Kriminalität (15 Prozent, minus 6 Prozent), Abfall/Dreck/Schmierereien (8 Prozent, minus 4 Prozent) und Drogen (7 Prozent, minus 1 Prozent).
Die Zufriedenheit mit den Lebensbedingungen und Einrichtungen ist weiterhin hoch: Die höchsten Zufriedenheitswerte erhalten die öffentlichen Verkehrsmittel (Note 5.5 auf einer 6er-Notenskala), die Möglichkeiten zum Ausgehen (5.3) und das Kulturangebot (5.2). Überhaupt ist in praktisch allen Bereichen die Zufriedenheit gegenüber 2007 leicht gestiegen, ausser mit dem Kinderbetreuungsangebot (4.0, minus 0.1) und deutlich mit dem Wohnungsangebot (3.2, minus 0.6).
Ganze 95 Prozent der Befragten fühlen sich in Zürich zu Hause, und auch das Sicherheitsempfinden hat sich erneut verbessert.
Wirtschaftliche und soziale Situation der Befragten
Immer mehr SchweizerInnen, aber auch in der Schweiz lebende AusländerInnen besitzen eine höhere Bildung: So haben 57 Prozent der 30- bis 39-Jährigen eine Hochschule oder eine Fachhochschule besucht. Über alle Altersstufen betrachtet haben 41 Prozent der Befragten eine höhere Schule absolviert, was eine starke Zunahme von 16 Prozent gegenüber 1999 bedeutet. Einen hohen Bildungsstand weisen ausserdem Zugezogene mit einer Aufenthaltsbewilligung B auf: Sie haben zu 65 Prozent eine Hochschule oder Fachhochschule besucht.
Seit 1999 kann bei den Haushaltseinkommen eine starke Zunahme in den obersten Einkommensklassen beobachtet werden (Anteil in der Einkommensklasse > Franken 150 000, plus 8 Prozent).
Während die Beurteilung der eigenen aktuellen wirtschaftlichen Lage in den letzten acht Jahren weitgehend konstant geblieben ist, wird die zukünftige wirtschaftliche Lage deutlich pessimistischer eingeschätzt als noch 2007.
Wohnen in der Stadt Zürich
Die Zahl der Familienhaushalte in Zürich hat zugenommen und beträgt in der Stichprobe nun über ein Drittel aller Haushalte. 46 Prozent der befragten Familien mit Kindern wohnen in einer 4- oder einer 4 1/2-Zimmer-Wohnung. Die meisten wohnen in einer Mietwohnung (62 Prozent), mit rund einem Fünftel wohnt ein tendenziell steigender Teil in genossenschaftlichen Wohnungen.
Bei den Mietpreisen kann eine deutliche Verlagerung hin zu teureren Wohnungen festgestellt werden. Insbesondere grössere Wohnungen sind spürbar teurer als noch vor sechs Jahren: So muss für eine 4- oder 4 1/2-Zimmer-Wohnung 2009 durchschnittlich rund 23 Prozent mehr bezahlt werden als 2003. Über alle Wohnungen betrachtet ergibt sich im Schnitt eine Mietpreissteigerung von 18.5 Prozent gegenüber 2003. Teurer geworden sind insbesondere neu erstellte oder renovierte Wohnungen.
Die Zufriedenheit sowohl mit der Wohnung als auch mit der Wohnumgebung ist gut: Jeweils 77 Prozent beurteilen diese mit den Noten 5 oder 6 (auf einer 6er-Notenskala). Eine eher positive Veränderung der Wohnumgebung sehen insbesondere die Bewohnerinnen und Bewohner des Langstrassenquartiers (Verbesserung der Drogensituation) sowie von Saatlen und Schwamendingen (Verbesserungen in den Bereichen von Grünanlagen, Spielplätzen und Schulen). Durch den Verkehrslärm werden vor allem die Quartiere Werd, Langstrasse (36 Prozent der Befragten), Hard (34 Prozent) und Sihlfeld (29 Prozent) gestört. In den vom Fluglärm besonders betroffenen Quartieren Saatlen und Schwamendingen fühlen sich noch je 23 Prozent der Befragten durch den Verkehrslärm gestört.
Verkehrsmittelnutzung und Einschätzungen zur Verkehrssituation
Bei der Verkehrsmittelnutzung dominiert der öffentliche Verkehr: 75 Prozent der Befragten nutzen Tram, Bahn oder Bus regelmässig (mindestens zweimal in der Woche). Das Auto nutzt ein Viertel der Befragten regelmässig, das Velo rund ein Fünftel. Mit dem Alter nimmt die Nutzung der öffentlichen Verkehrsmittel deutlich zu. Das Auto wird häufiger von Männern und selbstständig Erwerbenden mit eigenen Angestellten benutzt, das Velo überdurchschnittlich von Personen mit hoher Ausbildung.
Die Zufriedenheit mit der Verkehrssituation ist bei den Benutzern der öffentlichen Verkehrsmittel mit einem Notenschnitt von 5.4 (6er-Notenskala) ausserordentlich gut. Als Fussgänger ist die Zufriedenheit mit 4.7 genügend, unzufriedener sind die Autofahrenden (3.9). Am wenigsten mit der Verkehrssituation zufrieden sind mit einem Notenschnitt von 3.7 die Velofahrenden: Diese wünschen sich insbesondere mehr Velowege (80 Prozent). Benutzer von Tram, Bahn und Bus bezeichnen die öffentlichen Verkehrsmittel häufig als überfüllt (53 Prozent), sind jedoch sowohl mit dem Informationsangebot (96 Prozent), dem Fahrplan (93 Prozent) sowie den Direktverbindungen (88 Prozent) weitgehend zufrieden. Autofahrende fühlen sich insbesondere durch Staus behindert (69 Prozent) und erachten das Parkplatzangebot in der Innenstadt als zu knapp (72 Prozent). Autofahrende, die das Parkleitsystem nutzen, beurteilen das Parkplatzangebot hingegen etwas positiver. Verbesserungen für die Velofahrenden, wie Investitionen ins Velowegnetz (72 Prozent) oder die Bereitstellung öffentlich benutzbarer Velos (71 Prozent), werden von breiten Bevölkerungsschichten begrüsst. Auch Massnahmen wie eine Einschränkung des Autoverkehrs bei hoher Ozon- oder Feinstaubbelastung (71 Prozent) finden Zustimmung, ebenso wie der Bau von Stadttunnels für den Individualverkehr (62 Prozent der Befragten begrüssen eine solche Massnahme). Keine Mehrheit finden hingegen der Ausbau der Strassen-Infrastruktur im Allgemeinen (lediglich 40 Prozent Zustimmung), das Road Pricing (39 Prozent), eine Erhöhung des Benzinpreises (30 Prozent) oder eine Erhöhung der Parkplatzgebühren in der Innenstadt (28 Prozent).
Zürich auf dem Weg zur 2000-Watt-Gesellschaft
Mit 43 Prozent kennen verhältnismässig viele Befragte das städtische Langzeitziel «Zürich auf dem Weg zur 2000-Watt-Gesellschaft», jedoch kann in mancher Hinsicht ein erhöhter Informationsbedarf ausgemacht werden (insbesondere bei jüngeren Personen, Personen aus tieferen sozialen Schichten sowie solchen mit einer tiefen Bildung).
Besteuerungen und stärkere Vorschriften werden von den Befragten als weniger wirksam, positive finanzielle Anreize und bessere Informationen dagegen grossmehrheitlich als wirksam bewertet. Werden die Befragten aufgefordert, eigene Ideen zu Energie-Sparmassnahmen zu nennen, werden vor allem der Einsatz alternativer Energien (Solar- und Windenergie), Sparen bei der Beleuchtung (Strassen- und Weihnachtsbeleuchtung, Beleuchtung im eigenen Haus) sowie die Steigerung der Energieeffizienz (insbesondere energieeffiziente Gebäude) vorgeschlagen.
Beurteilung von Politik und Verwaltung
Die Befragten zeigen sich mehrheitlich zufrieden mit den Anstrengungen der Stadt in den einzelnen Politikbereichen. Am ehesten wünschen sich die Befragten mit 47 Prozent mehr Anstrengungen zur Verbesserung der Umweltsituation. Weiter wünschen sich 41 Prozent mehr Anstrengungen zur Schaffung von Arbeitsplätzen, 39 Prozent Massnahmen gegen den Drogenmissbrauch, 38 Prozent Massnahmen zur Integration der ausländischen Wohnbevölkerung, 37 Prozent Anstrengungen zur Gleichstellung von Mann und Frau und weitere 37 Prozent Massnahmen betreffend der Verkehrsberuhigung.
Bei den Leistungen der Stadt wünscht mit über 60 Prozent eine Mehrheit der Befragten weder einen Leistungsausbau noch eine Einschränkung des Angebots. Die Zufriedenheit mit den städtischen Verwaltungsabteilungen bleibt wie in den Jahren zuvor auf einem hohen Niveau: Am höchsten ist die Zufriedenheit mit den VBZ (96 Prozent sehr zufrieden oder zufrieden) sowie dem Abfuhrwesen (95 Prozent). Auch die Zufriedenheit mit der Strassenreinigung (92 Prozent), Grün Stadt Zürich (88 Prozent) und der Polizei (85 Prozent) ist hoch, beim Tiefbauamt (68 Prozent) ist sie ebenfalls gut. Die Zufriedenheit ist gegenüber 2007 bezogen auf alle Verwaltungsabteilungen leicht gestiegen. Die Vertretung durch die Behörden beurteilen die meisten Befragten als gut: 80 Prozent fühlen sich gut oder sehr gut durch Stadt- und Gemeinderat vertreten.
Verwendung der Ergebnisse
Die Erkenntnisse der Befragung sind bei weiteren Planungen, zum Beispiel für die Verkehrsplanung oder auch auf Quartierebene, eine wertvolle Hilfe. Zum Teil bestätigen sie die Richtigkeit laufender Massnahmen, zum Teil zeigen sie Defizite auf und helfen, Massnahmen dort zu konzentrieren, wo der dringendste Bedarf besteht. Für spezielle Zwecke werden noch Sonderauswertungen durchgeführt.
Wer wurde wann befragt?
Im März/April 2009 wurden 2501 zufällig ausgewählte Einwohnerinnen und Einwohner der Stadt Zürich telefonisch befragt. Die geschichtete Zufallsstichprobe nach Quartier- bzw. Kreiszugehörigkeit basiert auf der Grundgesamtheit aller volljährigen Personen, die seit mindestens einem Jahr in der Stadt Zürich wohnhaft sind. Diese Personen haben entweder Schweizer Bürgerrecht oder sind Ausländerinnen und Ausländer mit Aufenthaltsbewilligung B oder C. Die telefonischen Interviews wurden durch das beauftragte Markt- und Sozialforschungsinstitut LINK durchgeführt. Ein Interview dauerte durchschnittlich rund 32 Minuten. Etwa 200 der Interviews wurden in den Sprachen Italienisch, Spanisch, Portugiesisch, Serbisch-Kroatisch-Bosnisch oder Englisch durchgeführt.