Kompass für Zürichs Weg in die nahe Zukunft
Medienmitteilung
Stadtrat verabschiedet Räumliche Entwicklungsstrategie für Zürich
Der Stadtrat hat die Räumliche Entwicklungsstrategie (RES) der Stadt Zürich verabschiedet. Sie ist Wegweiser und wichtiges Arbeitsinstrument für die Stadtplanung der Zukunft, eine fachlich breit abgestützte Diskussionsgrundlage und ein adäquates Mittel, um Zürichs räumliche Erfolgspositionen für die kommenden Generationen zu sichern und auszubauen.
26. März 2010
Zürichs Erfolg basiert erwiesenermassen auf seiner bedeutsamen Wirtschafskraft und hohen Lebensqualität. Die RES baut auf diesen Stärken Zürichs auf und formuliert fünf Erfolgspositionen, an denen sich Zürich mit anderen Städten misst: Zürich ist vielfältig durchmischt, hat keine «Bürowüsten» oder andere «Ghettos», sondern lebendige, funktionsfähige Quartiere. Wohnen, Arbeiten und die Freizeit liegen nahe beieinander. Zürich ist eine übersichtliche Stadt, hat engmaschige und schnelle Verkehrsverbindungen und eine aussergewöhnlich hohe Umweltqualität, nicht zuletzt wegen der attraktiven Lage an See und Flüssen. Der öffentliche Raum ist für alle zugänglich; seine Offenheit ist erlebbar. Im internationalen Vergleich ist Zürichs zurückhaltende städtebauliche und architektonische Erscheinung in allen Quartieren von hoher Qualität. Es wäre falsche Bescheidenheit und eine verpasste Chance, diese prägenden Erfolgspositionen nicht als Grundlage für die künftige räumliche Stadtentwicklung zu nutzen.
Zürichs Stärken sollen auch künftigen Generationen zugute kommen. Die Nachfrage nach der beschränkten Ressource Boden steigt. Zürich wird wachsen, Zürich soll wachsen, aber Zürich muss kontrolliert wachsen. Und Zürich hat durchaus noch Verdichtungsreserven. Gemäss BZO stehen der Stadt theoretisch noch rund 18 Millionen m2 zusätzliche Nutzungsfläche zur Verfügung, das entspricht rund 60-mal der Nutzungsfläche des Entwicklungsgebiets Europaallee, vormals Stadtraum HB. Doch diese quantitative Grösse ist qualitativ zu interpretieren, denn es kann nicht überall das gesamte Potenzial ausgenutzt werden, ohne dass sich dies negativ auf die stadträumliche Qualität auswirken würde.
Deshalb hat der Stadtrat ausgehend von seinen «Strategien Zürich 2025» und einer der Nachhaltigkeit verpflichteten Grundhaltung die RES mit acht Teilstrategien festgelegt. Sie eröffnen Handlungsspielräume für die quantitative Entwicklung und sichern bzw. gestalten die Funktionsfähigkeit und die stadträumliche Qualität der Stadt in der gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und ökologischen Dimension.
Die RES wurde von verschiedenen Abteilungen in einem departementsübergreifenden Arbeitsprozess gemeinsam entwickelt, fünf Amtstellen waren im Projektteam vertreten: Das Amt für Städtebau (Federführung), Grün Stadt Zürich, das Tiefbauamt, die Stadtentwicklung sowie Umwelt- und Gesundheitsschutz Zürich. Auch externe Fachleute wurden beigezogen.
Die RES formuliert acht Teilstrategien:
- Raum für den Wirtschafts- und Wissensstandort gewährleisten. Die Hochschulen brauchen Raum, um mit der Entwicklung der Wissenschaften Schritt halten zu können. Auch das quartierorientierte Gewerbe und innovative Produktionsbetriebe benötigen Flächen. Um sie zu sichern, dürfen die bestehenden Arbeitszonen (I und IHD) nicht aufgegeben werden.
- Die vielfältige Wohnstadt weiter entwickeln. 79 Prozent der Bauzonen sind in Zürich als Wohnzonen ausgeschieden. Die Stadtbevölkerung wächst; dem zusätzlichen Bedarf an Wohnfläche muss vor allem mit einer Verdichtung gegen innen begegnet werden. Es soll auch weiterhin unterschiedliche Wohnstandorte geben: von urban und dicht bis stark durchgrünt. Wohnliche Quartiere brauchen starke und attraktive Quartierzentren, mit quartierorientiertem Gewerbe, sozialen Einrichtungen und attraktiven öffentlichen Räumen.
- Räume für Erholung, Freizeit und Kultur anbieten. Sport-, Kultur- und Freizeiteinrichtungen werden den sich ändernden Bedürfnissen angepasst. Insbesondere in mit Freiräumen unterversorgten Quartieren und dort, wo verdichtet wird, werden neue Grün- und Freiräume erstellt werden, was vorwiegend über Arealplanungen, aber auch über das Öffnen heute nicht zugänglicher Grünräume erfolgen wird.
- Siedlungsstrukturen gebietsspezifisch stärken. Zürichs Vielfalt spiegelt sich in den verschiedensten Siedlungs- und Bautypologien. Sie sind bei der Stadterneuerung und Stadtverdichtung zu berücksichtigen. Um den Grad der Veränderung steuern zu können, braucht es örtlich unterschiedliche Veränderungsstrategien: von «Bewahren» über «Weiterentwickeln» bis «Neuorientieren».
- Landschaftsräume erhalten und aufwerten. Der Stadtkörper ist eingerahmt von einer attraktiven Landschaft, die viel zu Zürichs Attraktivität beiträgt. Die durchgrünten Hanglagen und Hügel sind zu erhalten.
- Die Attraktivität des öffentlichen Raums erhöhen. Die öffentlichen Stadträume verfügen bereits heute über eine hohe Qualität. Sie werden vielfältig und zunehmend rund um die Uhr genutzt. Aufenthalts- und Nutzungsqualität, aber auch Orientierungsmöglichkeiten können verbessert werden. Der Nutzbarkeit, Gestaltung und Materialisierung der öffentlichen Räume in Quartierzentren und an wichtigen Verkehrsachsen ist grosse Beachtung zu schenken.
- Die Mobilität stadtverträglich ermöglichen. Zürich gilt weltweit als Modellstadt für den öffentlichen Verkehr. Die Stadt setzt sich für eine rasche Realisierung der inner-städtischen Tangential- und Querverbindungen ein, Fussverkehrsinfrastrukturen wer-den verbessert und der Veloverkehr gefördert.
- Stadt und Region gemeinsam gestalten. Zürichs Entwicklung macht nicht an den politischen Grenzen halt. Die Entwicklung ist im engeren Verdichtungsraum (Limmattal, Glatttal, Stadt Zürich) besonders dynamisch. Wohnbaustrategien, Mobilität und Freiräume müssen aufeinander abgestimmt werden.
Bereits heute ist klar: Zürich will sich grundsätzlich im bereits überbauten Gebiet weiterentwickeln, eine Verdichtung nach innen ist damit absehbar und aus raumplanerischen Gründen auch erwünscht. Es ist jedoch zwingend, dass sie mit der nötigen Sorgfalt herbeigeführt wird, und dass urbane Freiräume für die Menschen, insbesondere für Familien mit Kindern, erhalten bleiben.
Die Stadt wird ihr Stadtbild verändern und dichter werden. Der Gebäudebestand Zürichs ist veraltet und muss erneuert werden, was den Zielen der 2000-Watt-Gesellschaft entgegen kommt und den Forderungen nach Erhalt von günstigem Wohnraum nicht widersprechen muss. Die Weiterentwicklung der Stadt lässt sich nicht über einen Leisten schlagen. Sie soll differenziert erfolgen und auf die städtebauliche Vielfalt und die unterschiedlichen Wohnstandorte Rücksicht nehmen. Für die Wirtschaft braucht es einen gesunden Branchenmix, dessen Entwicklung mit Flächensicherung und baurechtlichen Bestimmungen gefördert wird.
Aus den acht Teilstrategien ergeben sich konkrete Handlungsanweisungen, deren Umsetzung im Rahmen des politischen Prozesses erfolgt.
Politische Umsetzung – Richtplanung und BZO
Die RES ist eine Strategie des Stadtrates. Sie hat somit den Status einer Handlungsanweisung an die Verwaltung. Aktuell werden die Erkenntnisse der RES im Rahmen der Gesamtüberprüfung und Anpassung des Kantonalen Richtplans genutzt. Ein wichtiges Arbeitsinstrument wird die RES bei der Überarbeitung des Regionalen Richtplans sein. Stadt- und Gemeinderat werden zuhanden des Kantons bis Frühjahr 2011 dazu einen Beschluss fassen.
Die Bau- und Zonenordnung (BZO) ist das wirkungsvollste und damit politisch auch sensitivste Lenkungsinstrument für die erwünschte Stadtentwicklung. Die letzte Gesamtrevision fand 1999 statt. Die in der RES formulierten Ziele erfordern teils eine gebietsweise Anpassung der BZO.
Weil Weichenstellungen beim Regionalen Richtplan und allenfalls eine Revision der BZO bevor stehen, hat die RES eine weitreichende Bedeutung. Denn die Revisionen der Richtpläne und BZO sind aufwendige und komplexe Unterfangen, die einen breit abgestützten politischen Diskurs erfordern, dessen Resultate entscheidende Auswirkungen auf die künftige räumliche und soziale Entwicklung Zürichs haben. Mit der Verabschiedung der RES legt der Stadtrat ein handfestes Arbeitsinstrument auf den Tisch, das es den politischen Instanzen erlaubt, diese wichtigen Weichenstellungen zur rechten Zeit auf einer soliden inhaltlichen Grundlage zu diskutieren und zu entscheiden.