Zürich warnt vor nachteiligen Auswirkungen der Strassengesetzrevision
Medienmitteilung
Erste Reaktion zur heutigen Medienkonferenz des Regierungsrates zur Strassengesetzrevision
Die Stadt Zürich wehrt sich gegen Zentralisierungspläne des Regierungsrates. Die Kantonsregierung will auf den überkommunalen Strassen in der Stadt massiv mehr Kompetenzen in der Planung, dem Strassenbau und -unterhalt beim Kanton ansiedeln. Dies hat schwerwiegende Konsequenzen. Die heute einwandfrei funktionierende Regelung würde ohne Not auf den Kopf gestellt, die Verwaltung unnötig verteuert, die Gemeindeautonomie verletzt und mehr Baustellen verursacht.
22. April 2010
Durchzogene Reaktionen in der Vernehmlassung
Die Reaktionen auf die Vernehmlassung für eine Strassengesetzrevision fielen durchzogen aus. Die Städte Winterthur und Zürich reagierten kritisch bis ablehnend auf die vom Regierungsrat postulierten Kompetenzverschiebungen weg von den Städten hin zum Kanton. Dennoch hält der Regierungsrat an der eingeschlagenen Stossrichtung fest. Und dies, obwohl laut eigenen Aussagen des Regierungsrates die heutige Regelung einwandfrei funktioniert und dem Kanton das erforderliche Know-how für die hochkomplexe Planung, den Strassenbau und -unterhalt in den Städten fehlt. Die Stadt Zürich wird sich dafür einsetzen, dass die Kompetenzen dort verbleiben, wo das notwendige lokale Know-how und die Ressourcen vorhanden sind.
Verwaltung nicht unnötig aufblähen und verteuern
Die vom Kanton geplante Revision des Strassengesetzes würde sowohl beim Kanton als auch bei der Stadt zu signifikant höheren Kosten führen, ohne dass damit ein sichtbarer Vorteil oder ein erkennbarer Mehrwert verbunden wäre. Die neue Strassengesetzgebung wäre verbunden mit aufwändigeren Planungs- und Budgetprozessen und entsprechend höherem Administrativaufwand. Es gäbe bei der Sanierung der Infrastrukturnetze auf und unter städtischem Boden zusätzliche Schnittstellen zwischen der kantonalen und der städtischen Verwaltung. Die Revision ginge einher mit höheren Personalkosten und im Vergleich zu heute unklaren Verantwortlichkeiten.
Bewährte Zusammenarbeit und Pauschalfinanzierung weiterführen
Mit der Gesetzesrevision würde für die Städte intransparent, ob, wann, wie und wo welche Projekte weshalb durch den Kanton bewilligt werden oder nicht. Dies hätte unter anderem eine erhöhte Anzahl Baustellen und zusätzliche Verkehrsbehinderungen zur Folge, da die Koordination nicht mehr gewährleistet wäre. Die heutige Finanzierung mit den Pauschalen für Strassenbau und -unterhalt hingegen ist für alle Beteiligten transparent, die Arbeitsteilung zwischen Kanton und Städten unkompliziert und effizient. Die bestehende Pauschalfinanzierung durch Regierungsratsentscheide wahrt die berechtigte und sinnvolle Teil-Autonomie der Städte. Diese führte in der Vergangenheit zu guten Resultaten, wie die Beispiele Tram Zürich-West / Pfingstweidstrasse, Hardbrücke oder Flankierende Massnahmen zur Westumfahrung auf eine eindrückliche Art zeigen.
Subsidiaritätsprinzip stärken, nicht abschaffen
Das Subsidiaritätsprinzip verpflichtet den Kanton, jene Aufgaben an die Gemeinden zu übertragen, die von diesen gut erfüllt werden können. Zudem schreibt die neue Kantonsverfassung vor, dass der Kanton mit den Gemeinden zusammenarbeiten und deren Interessen und Bedürfnisse berücksichtigen muss. Die geplante Revision verletzt diese wichtigen Grundsätze. Es wäre im Gegenteil vielmehr angezeigt, das bestehende, gut funktionierende System der städtischen Autonomie in der Mobilitätsplanung auf weitere städtische Agglomerationen auszudehnen. Die bereits heute bestehende, unzureichende Berücksichtigung kommunaler Interessen sämtlicher Gemeinden darf keineswegs mit einer neuen Gesetzesvorlage zementiert werden. Damit würden nicht zuletzt die rasanten Entwicklungen, die immer komplexer werdenden Verkehrsverhältnisse und die gewachsenen Bedürfnisse der grösseren Agglomerationszentren im Limmat- und Glatttal ignoriert. Eine dringend notwendige, nachhaltige Mobilitätsentwicklung ist auch dort nur mit kompetenten und effizienten Lösungen vor Ort und aus einem Guss machbar. Die Revision wäre ein Rückschritt, welcher den aktuellen Entwicklungen nicht gerecht wird und die sinnvolle Gemeindeautonomie untergräbt.
Keine Abstriche bei der Standort- und Lebensqualität
Die Stadt Zürich befürchtet, dass mit der Gesetzesrevision und der darin vorgesehenen Projektierung von Strassenbauprojekten in der Stadt Zürich durch den Kanton eine unausgewogene, einseitige und verstärkte Gewichtung der Strassenkapazität einherginge. Dies wäre mit einer Zunahme des Auto-Verkehrs in der Stadt verbunden – mit allen negativen Konsequenzen für die Lebensqualität und die Wertschöpfung. Eine verstopfte Innenstadt oder überlastete Verkehrsachsen – damit einhergehend erhöhte Immissionen und die Verdrängung des Verkehrs in die Quartiere – wären für die Stadt und für den Kanton klar nachteilig. Unerwünscht wären ferner die aufgrund der mangelnden Koordination zunehmende Anzahl Baustellen und Staus.
All dies würde die in internationalen Rankings immer wieder überdurchschnittlich bewertete Lebensqualität an und auf den Strassen in der Stadt gefährden. Eine funktionierende Planung der Mobilität und der Infrastruktur auf und unter dem Boden sowie der reibungslose Ablauf im städtischen Strassenverkehr ohne unnötige Baustellen hingegen verbessert Zugang und Nutzung der Infrastruktur durch Gewerbe und Industrie. Sie sind Basis für Wertschöpfung, Lebensqualität und Konkurrenzfähigkeit von Kanton und Städten.
Deshalb lehnt die Stadt Zürich die geplante Revision des Strassengesetzes ab. Er ist allerdings offen für sinnvolle Anpassungen der Strassengesetzgebung und bereit, seinen Beitrag dazu zu leisten.
Die Stadt Zürich wird die vom Kanton heute an der Medienkonferenz vorgestellte Strassengesetzrevision analysieren, sich eine abschliessende Meinung bilden und diese zur gegebenen Zeit im Detail bekanntgeben. Die Stadt Zürich geht davon aus, dass sie sich in der vorberatenden Kommission des Kantonsrates zur geplanten Gesetzesrevision äussern kann.