Testplanung & Mitwirkung
Mit der Testplanung «Seeufer Wollishofen» entwickelte die Stadt Zürich 2021/2022 freiräumliche und städtebauliche Szenarien für einen Teil des linken Zürichseeufers.
Grundlage für die Testplanung war eine vom Zürcher Gemeinderat am 26. Juni 2019 überwiesene dringliche Motion (GR Nr. 2019/44). Sie beauftragte den Stadtrat mit einer neuen Gebietsplanung im Perimeter zwischen Seeufer und Mythenquai – in der Höhe zwischen Werft Pier 7 bis und mit der Roten Fabrik, wobei die Bedürfnisse der Stadtbevölkerung nach Erholung, Freiraum und preisgünstigem Wohnraum zu berücksichtigen waren.
In der Testplanung «Seeufer Wollishofen» wurden mittels unterschiedlicher Szenarien die Möglichkeiten in Bezug auf Stadt- und Freiraum aufgezeigt. Die städtebaulichen Szenarien zeigten so die Chancen und die Zielkonflikte auf, die je nach Gewichtung der verschiedenen Bedürfnisse und Interessen entstehen. Die geltenden planungsrechtlichen Vorgaben, konnten dabei in Frage gestellt werden, wenn klar erkennbare und überzeugende Vorteile aufgezeigt werden konnten. Berücksichtigt wurden dabei die vielfältigen Bedürfnisse der Nutzergruppen vor Ort, die Entwicklungsabsichten der Grundeigentümerinnen, kommunale raumwirksame Bedürfnisse, die landschaftlich sensible Lage am Zürichsee sowie die raumplanerischen Rahmenbedingungen.
Die Aufgaben umfassten unter anderem:
- die Verortung und die Zusammensetzung von unterschiedlichen Nutzungen unter Berücksichtigung der vorhandenen Qualitäten
- unterschiedliche Wohnanteile: Von keinen zusätzlichen Wohnungen bis zu einem moderaten Anteil an zusätzlichen Wohnungen
- die Anordnung und Ausdehnung von Freiräumen, dem Seezugang sowie die Zugänge aus dem Quartier
- die Verbesserung der Fuss- und Velowege
Ablauf
Folgende drei interdisziplinären Bearbeitungsteams, bestehend aus Architektur-,Landschaftsarchitektur- und Sozialraumbüros bearbeiteten die Aufgabe der Testplanung gemäss Programm in zwei Phasen:
- Ammann Albers StadtWerke, LINEA landscape architecture, Zeugin Gölker Immobilienstrategien
- Bryum, Van de Wetering, Cabane Partner
- Hosoya Schaefer Architects, S2L Landschaftsarchitekten, Denkstatt Sàrl
In der ersten Bearbeitungsphase von Dezember 2021 bis März 2022 haben die drei Bearbeitungsteams je zwei Szenarien erarbeitet. Die zweite Phase läuft aktuell.
In zwei Workshops im März und Juni 2022, wurden und werden die verschiedenen Entwicklungsszenarien besprochen. Sie dienen dem intensiven und offenen Austausch zwischen den Bearbeitungsteams, dem Begleitgremium, den privaten GrundeigentümerInnen und den Vertretenden aus den Anspruchsgruppen.
In der ersten Bearbeitungsphase von Dezember 2021 bis März 2022 erarbeiteten die drei Bearbeitungsteams je zwei Szenarien. In einer zweiten Phase von Mai bis August 2022 wurden die Entwürfe basierend auf den Inputs aus den Mitwirkungsgefässen (siehe unten) und des städtischen Begleitgremiums weiter konsolidiert und konkretisiert. Daraus resultierten drei Entwürfe – einer pro Bearbeitungsteam.
Diese Entwürfe in zweiter Runde dienten auch der erneuten Spiegelung mit dem «Echoraum» und der interessierten Bevölkerung im Rahmen des «Dialog Seeufer Wollishofen» (siehe unten). Aus den drei abschliessenden Entwürfen und den gewonnenen Erkenntnissen formulierte das Begleitgremium der Testplanung Stossrichtungen für die Weiterbearbeitung im Rahmen eines Masterplans für das Gebiet.
Mitwirkung
Externe, interdisziplinäre Fachpersonen, Vertreterinnen und Vertreter der betroffenen städtischen Dienstabteilungen sowie diverser Anspruchsgruppen (dem «Echoraum») wurden fortlaufend in den Planungsprozess miteinbezogen. Im «Dialog Seeufer Wollishofen» wurden die Quartierbevölkerung und die Personen vor Ort informiert und involviert
Echoraum
Der «Echoraum» stand im Zentrum der Mitwirkung. Er nahm Einfluss auf das Testplanungsprogramm, brachte Anliegen, Meinungen und Ideen ein, tauschte sich mit den Bearbeitungsteams aus und nahm zu den Zwischen- und Schlussergebnissen Stellung. Die Personen im «Echoraum» hatten hierbei beratende Funktion und keine Entscheidungskompetenzen.
Folgende Grundeigentümerschaften und Interessengruppen waren Teil dieses Echoraums:
Zusammensetzung
Grundeigentümerschaften | Karmon AG KIBAG Holding AG Zürichsee Schifffahrtsgesellschaft |
Interessengruppen | Gewerbeverein Zürich 2 Gemeinschaftszentrum Wollishofen IG Linkes Seeufer für alle IG Rote Fabrik IG Seepärke Offene Jugendarbeit OJA Politische Parteien (Fraktionsvertretung aus Quartier) Quartiervereine Wollishofen und Enge Seepfadi Segel-Club Enge Shedhalle Städtische Beauftragte für Gleichstellung von Menschen mit Behinderung |
Erster Austausch
Im Rahmen eines Anlasses des Echoraums fand im Herbst 2021 ein erster Austausch mit eingeladenen Vertreterinnen und Vertretern der Anspruchsgruppen statt. Dabei wurden Hinweise für die Aufgabenstellung an die drei interdisziplinären Teams gesammelt.
Workshops
In zwei Workshops im März und Juni 2022, wurden die verschiedenen Entwicklungsszenarien besprochen. Sie dienen dem intensiven und offenen Austausch zwischen den Bearbeitungsteams, dem Begleitgremium, den privaten GrundeigentümerInnen und den Vertretenden aus den Anspruchsgruppen.
Erster Workshop
Der erste Workshop fand am 22. März 2022 statt. Die ersten Ideen der Bearbeitungsteams (zwei bis drei Szenarien pro Team) wurden mit rund 60 Teilnehmenden diskutiert und Empfehlungen für die Weiterbearbeitung formuliert. Jedes Bearbeitungsteam hat daraufhin einen konkreten Auftrag für die Weiterbearbeitung mit einem thematischen Schwerpunkt bekommen.
Einblick in die ersten Entwürfe der Bearbeitungsteams sowie Diskussionspunkte des ersten Testplanungsworkshops, finden Sie hier zum Download:
Zweiter Workshop
Am zweiten Workshop vom 8. Juni 2022 wurden nun die drei weiterbearbeiteten Szenarien der Bearbeitungsteams besprochen und beurteilt. Das Begleitgremium hat die Rückmeldungen gesammelt und daraus Empfehlungen formuliert.
Unter anderem soll eine Anpassung des Zonenplans und der Sonderbauvorschriften für das KIBAG-Areal Mythenquai angestrebt werden.
Zusammenfassungen der drei diskutierten Szenarien sowie Diskussionspunkte und Erkenntnisse aus dem zweiten Testplanungsworkshop finden Sie hier zum Download:
«Dialog Seeufer Wollishofen»
Im «Dialog Seeufer Wollishofen» wurde die Quartier- und Stadtbevölkerung informiert und involviert. Einblicke in die ersten Entwürfe der Bearbeitungsteams sowie Diskussionspunkte des ersten Testplanungsworkshops, wurden vom 19. April bis zum 8. Mai 2022 an einem «Infopoint» beim Gemeinschaftszentrum Wollishofen gezeigt. Zudem waren Fachpersonen der Stadt Zürich an drei Terminen beim Gemeinschaftszentrum Wollishofen vor Ort. Sie gaben Auskunft und nahmen Anregungen aus der Bevölkerung entgegen. Dabei wurden mittels Fragebögen auch individuelle Rückmeldungen detailliert abgeholt.
In einer zweiten Runde waren dann die Inhalte und Diskussionspunkte des zweiten Workshops vom 22. August bis zum 19. September 2022 an einem zweiten Infopoint zu sehen. Auch hier bestand an zwei Terminen im August 2022 für Interessierte das Angebot des direkten Gesprächs und der Abgabe von Rückmeldungen zu den Testplanungsinhalten an Fachpersonen aus der Stadtverwaltung.
Dialogveranstaltung
Am 19. September 2022 fand eine öffentliche Veranstaltung zur Testplanung und den nächsten Schritten statt. Rund 130 Personen fanden sich im Kirchengemeindehaus Wollishofen ein. Hochbauvorsteher André Odermatt, die Vorsteherin des Tiefbau- und Entsorgungsdepartements, Simone Brander, sowie die Direktorin des Amts für Städtebau, Katrin Gügler, informierten und diskutierten im Rahmen der Veranstaltung.
Die weiterbearbeiteten Entwürfe der drei interdisziplinären Bearbeitungsteams konnten so eingehend breit reflektiert und durch alle Teilnehmer*innen direkt kommentiert und bewertet werden. Die Voten und Bewertungen aus der Bevölkerung flossen im Anschluss in die Erarbeitung des Schlussberichts ein.
Die Stimmen und Voten aus dem Dialogprozess sind auch in einem kurzen Bericht festgehalten. Diesen finden Sie hier zum Download:
Ergebnisse der Testplanung
Als Ergebnis der Testplanung resultieren Stossrichtungen zur Entwicklung des Gebiets Seeufer Wollishofen in den Handlungsfeldern Identität, Nutzungen und Städtebau, Freiräume und Mobilität, Ökologie und Umwelt. Die Stossrichtungen wurden von einem Begleitgremium verabschiedet: Sie setzen sich zusammen aus Ideen und Ansätzen der Bearbeitungsteams, Argumenten der Interessenvertreter*innen und aus dem Dialog Seeufer Wollishofen, sowie Inputs aus den involvierten städtischen Dienstabteilungen.
Die Stossrichtungen der Testplanung dienen als Empfehlungen für die laufende Erarbeitung des Masterplans.
Stossrichtungen
Das Seeufer Wollishofen soll ein Ort diverser gewerblicher, soziokultureller und kultureller Nutzungen bleiben. Mit der Lage am See zusammenhängende Nutzungen stehen besonders im Fokus. Das Gebiet soll sich auch in Zukunft durch einen hohen Grad an Öffentlichkeit auszeichnen.
Eine grosszügige Erweiterung des Freiraums am See ist aus Sicht des Begleitgremiums nötig, um der Nachfrage der Stadt- und Quartierbevölkerung nach Freiräumen, inklusive Grünräumen, langfristig gerecht zu werden. Die öffentlichen und halböffentlichen Flächen müssen mengenmässig wesentlich vergrössert werden.
Die industrielle Prägung als zentrales Element der Identität des Seeufers Wollishofen soll erkennbar bleiben und gleichzeitig den aktuellen Bedürfnissen entsprechend transformiert werden.
Die Grün- und Freiräume am Seeufer Wollishofen sollen in unterschiedliche Abschnitte gegliedert werden und eine diverse Programmierung zulassen. Die Möglichkeiten zur Aneignung des Grünraums soll u.a. gewährleistet werden, indem nicht alles fertig geplant wird, sondern Gestaltungsmöglichkeiten offenbleiben. Das Gebiet soll dabei inklusive, ruhigere und aktivere Nischen bieten und durch eine gute Gliederung Nutzungskonflikte unterbinden.
Auf dem KIBAG-Areal soll der Bereich zum See hin schwerpunktmässig Platz für neue Grünräume und andere vielfältige freiräumliche Nutzungen bieten – den sogenannten «Pol Süd». Die Silos und der Kran sollen im «Pol Süd» langfristig im erhalten bleiben.
Der Rand der Savera-Wiese und des neuen Grünraums soll zu den Wohn- und Gewerbegebäuden hin als Puffer funktionieren: Diese Pufferzone unterstützt ein konfliktfreies Nebeneinander des unterschiedlichen Grads an Öffentlichkeit der verschiedenen Nutzungen im Gebiet.
Der bestehende Uferweg mit Sichtbeziehungen zum See, zu den Bergen und zur Stadt verbindet die verschiedenen Abschnitte am linken Seeufer und bleibt erhalten. Eine Neugestaltung des Aufganges von der Savera-Wiese auf das «Werft-Plateau» soll eine Erweiterung des Freiraums mit Aufenthaltsqualität mittels Sitzstufen oder Terrassen ermöglichen.
Verbesserte Fusswegverbindungen sollen das Seeufer Wollishofen besser mit dem angrenzenden Strassenraum, den öffentlichen Verkehrsmitteln und dem umliegenden Quartier vernetzen und funktionieren im Sinne einer «Stadt der kurzen Wege». Ein neuer Aufgang könnte in Zukunft einen direkten Zugang von der Bahnhofunterführung auf das «Werft-Plateau» schaffen.
Der Städtebau soll vom Bestand ausgehen: Er sichert denkmalpflegerisch schützenswerte Gebäude (Rote Fabrik, Pavillon des GZ Wollishofen, Fassade Mythenquai 345) sowie bestehende Nutzungen und schafft zusätzliche gewerbliche, soziokulturelle und kulturelle Nutzungsmöglichkeiten – insbesondere am Mythenquai. Die Lebensdauer der bestehenden Gebäude soll nach Möglichkeit verlängert werden.
Die Ruhe- und Rückzugsbedürfnisse von zusätzlichen Bewohner*innen sind mit den heutigen und den angestrebten Nutzungen und Freiräumen kaum zu vereinbaren. Zusätzliches Wohnen soll daher nicht weiterverfolgt werden.
Das Gemeinschaftszentrum Wollishofen (GZ) soll erweitert werden. Dazu werden zwei Stossrichtungen geprüft: Im Gebiet «Pol Nord» zwischen Savera-Wiese und Werft sowie auf dem KIBAG-Areal in der Nähe des heutigen GZ-Pavillons.
Das Gebiet rund um die Werft soll in Zukunft zu einem Ort mit quartierbezogenen Nutzungen und einem hohen Öffentlichkeitsgrad erweitert werden – Teil davon sind der sogenannte «Pol Nord» und das «Werft-Plateau».
Es soll ein Netzwerk aus ökologisch wertvollen Flächen entstehen, die miteinander vernetzt sind. Ein solches Netzwerk fördert den Erhalt der Artenvielfalt von Pflanzen und Tieren, das Erleben von Natur im Alltag und ein gutes Lokalklima.
Massnahmen betreffend Biodiversität, Hitzeminderung und solche zur Erreichung des Netto-Null Ziels sollen konsequent umgesetzt werden – generell wie bei konkreten Bauvorhaben. Die Kreislaufwirtschaft soll dadurch gestärkt und die Erzeugung von erneuerbaren Energien gefördert werden.
Für eine klimaneutrale Energiegewinnung ist die Versorgung der Quartiere Enge und Wollishofen mit Wärme aus dem Seewasser vorgesehen. Die ober- oder auch unterirdisch erstellbare Anlage kann flexibel von den übrig geplanten Nutzungen gesetzt werden – ganz im Sinne der raschen Energiewende.
Erkenntnisplan
Schlussbericht
Den vollständigen Schlussbericht zur Testplanung Seeufer Wollishofen finden Sie hier zum Download: