Stadtklima

Hohe Wärmebelastung im Stadtzentrum
In Städten ist es deutlich wärmer als im Umland. Dicht bebaute und versiegelte Flächen heizen sich stärker auf als natürliche; sogenannte Wärmeinseln entstehen. Zudem sind Städte oft nur gering durchlüftet und weisen eine erhöhte Belastung mit Luftschadstoffen auf. Rund 20 Prozent des Siedlungsgebiets der Stadt Zürich sind bereits heute nachts überwärmt. Um dem entgegenzuwirken, wurden in der kommunalen Richtplanung Aspekte des Stadtklimas berücksichtigt und eine Fachplanung zur Hitzeminderung erarbeitet.

Aktuelle Situation

Überwärmung im Siedlungsraum, bodennahe Lufttemperatur 4 Uhr. In den blau umrandeten Gebieten ist eine Verbesserung der bioklimatischen Situation notwendig.

Innerhalb der Stadt entstehen je nach baulicher Dichte und Struktur unterschiedlich ausgeprägte Wärmeinseln. Besonders kritisch ist die Wärmebelastung in heissen Sommernächten, wenn es in Zentrumsgebieten um bis zu 7 °C wärmer werden kann als im städtischen Umland.

Die Situation der Überwärmung wird verschärft durch den Klimawandel. Gemäss Prognosen ist in der Schweiz mit einer Zunahme der Jahresdurchschnittstemperatur von bis zu 3 °C zu rechnen. In Bezug auf die Hitze sind insbesondere länger andauernde Hitzeperioden problematisch. Aufgrund der starken Aufwärmung am Tag und der eingeschränkten Abkühlung nachts nehmen die Temperaturen kontinuierlich zu. In den wärmsten Nächten sinkt die Temperatur in dicht bebauten Gebieten nicht mehr unter 24 °C ab.

Die Anzahl Hitzetage und Tropennächte hat im Vergleich zu den Neunzigerjahren bereits deutlich zugenommen. Seit 2001 treten Hitzetage und Tropennächte jährlich auf und werden tendenziell häufiger. Die Anzahl Hitzetage ist in der Stadt nur wenig höher als auf dem Land, die Anzahl der Tropennächte hingegen ist wegen dem nächtlich stark ausgeprägten Hitzeinseleffekt in der Stadt deutlich höher als auf dem Land.

Steigende Anzahl an Hitzetagen und Tropennächten in zentralen städtischen Lagen als Folge der zunehmend wärmeren Jahre ab 1990.

waermebelastung

Wie die Prognosen zeigen, ist in Zukunft zudem mit weniger Niederschlag während der Sommermonate zu rechnen. Der zunehmende Kühlbedarf wiederum führt zu mehr Abwärme.

Stadtbäume zur Hitzeminderung

Bäume leisten einen grossen Beitrag zur Aufenthalts- und Lebensqualität in der Stadt. Tagsüber können sie an Hitzetagen für eine Absenkung der Temperatur bis zu 8,7 °C sorgen. Der Hauptteil der Temperaturabsenkung mit bis zu 80 Prozent erfolgt dabei über die Kronenfläche (Fachplanung Stadtbäume 2021). Entsprechend hat die Entwicklung der Baumkronenfläche einen direkten Einfluss auf das Stadtklima.

Relative Entwicklung der Baumkronenfläche zwischen 2018 und 2022

Die Gründe für Verluste sind zahlreich und reichen von Bautätigkeiten, Sturmereignissen bis hin zu unsachgemässem Unterhalt. Insbesondere 2021 haben ein Schneesturm im Januar und in noch grösserem Masse ein Sommersturm im Juli den Stadtbäumen zugesetzt und grosse Schäden verursacht. Während in der Analyse der letzten Messperiode (2014–2018) von einer Momentaufnahme gesprochen wurde, muss dieses Ergebnis (2018–2022) als Bestätigung der Tendenz angesehen werden. Es zeigt sich, dass die Abnahme gesamtstädtisch stattfindet, d.h. sowohl in Verdichtungsgebieten (z. B. grüne Wohnstadt) als auch in vermeintlich statischeren Gebieten wie den urbanen Kerngebieten.

Der Plan zeigt ebenfalls auch einzelne neu entwickelte Freiräume sowie Wohn- und Arbeitsumfelder, die sich durch einen hohen Zuwachs an Kronenfläche auszeichnen. Deutlich erkennbar ist dies bei grösseren und qualitätsvollen Arealüberbauungen, bei denen in den letzten Jahren viele neue Bäume gepflanzt wurden. Die Baumkronenfläche nimmt vereinzelt auch in Gebieten zu, die in den letzten Jahren neu entwickelt wurden, wie z. B. Zürich-West.

Ursachen & Belastungen

Versiegelte Flächen, wärmespeichernde Oberflächen und mangelnde Durchlüftung

Das Stadtklima oder auch Lokalklima ergibt sich aus Veränderungen der natürlichen Landschaft als Folge der Bebauung. Versiegelte Bodenoberflächen, veränderter Wasserhaushalt, weniger Grünflächen und Vegetation, aber auch schlechtere Durchlüftung und insbesondere die Wärmespeicherung in Bauten führen zu einer Erwärmung. Hinzu kommen Emissionen von Luftschadstoffen und Abwärme aus Dienstleistung, Gewerbe, privaten Haushalten und Verkehr.

Anteil des humusierten Bodens in Bezug auf den Hausumschwung und Anteil des humusierten Bodens in Bezug auf die gesamte Parzelle einschliesslich Gebäude- und Verkehrsfläche.

Die Überwärmung bzw. die Anzahl Hitzetage und Tropennächte hängt stark von der Flächennutzung ab. Je mehr wärmespeichernde Oberflächen sich in einem Gebiet befinden, umso stärker heizt es sich am Tag auf und bleibt je nach Durchlüftungssituation auch in der Nacht überwärmt, wenn die gespeicherte Wärme an die Umgebung abgegeben wird.

Auswirkungen

Das Stadtklima ist für die Gesundheit und das Wohlbefinden der Bevölkerung von zentraler Bedeutung. Die Wärmebelastung in den Sommermonaten und insbesondere während Hitzeperioden stellt ein gesundheitliches Risiko dar. 

Hitzeperioden gefährden Kleinkinder, Ältere und Kranke.

Wissenschaftliche Untersuchungen zeigen übereinstimmend, dass während Hitzeperioden vermehrt Hirngefäss-, Herz-Kreislauf- und Atemwegserkrankungen auftreten, wodurch insbesondere ältere Leute, Kleinkinder und bereits anderweitig erkrankte Personen besonders gefährdet sind. So kam es z. B. in den Hitzeperioden 2003 und 2015 bei über 64-Jährigen zu hitzebedingten Sterbefällen in Zürich (Jahr 2015 +4,3 Prozent, 2003 +12,3 Prozent). Hinzu kommen negative Auswirkungen auf das Wohlbefinden und die Leistungsfähigkeit. Eine hohe Wärmebelastung in der Nacht kann die Schlafqualität beeinträchtigen, was wiederum dazu führt, dass die Hitzetoleranz am nächsten Tag geringer ist. In der Folge sind Erholung und Regeneration kaum noch möglich. Auch die Aufenthaltsqualität im Aussenraum nimmt während Hitzeperioden ohne angepasste Massnahmen stark ab, was sich wiederum negativ auf die Lebensqualität der Bevölkerung in der Stadt auswirkt.

Massnahmen der Stadt

Fachplanung Hitzeminderung und Fachplanung Stadtbäume

Seit 2020 verfügt die Stadt Zürich mit der Fachplanung Hitzeminderung über eine Planungsgrundlage, mit deren Hilfe der Faktor Hitze besser in der Stadtplanung berücksichtigt, das bestehende Kaltluftsystem erhalten und einer weiteren Überwärmung der Stadt entgegengewirkt werden kann. Die Fachplanung inklusive Teilpläne, Klimaanalysekarten und Umsetzungsagenda zeigen differenzierte Handlungsfelder und -ansätze sowie Massnahmen auf, um die Wärmebelastung im Aussenraum zu verringern. Basis dafür bildet die 2018 abgeschlossene Klimaanalyse des Kantons Zürich. Mit dem Stadtratsbeschluss Nr. 178/2020 zur Fachplanung Hitzeminderung wurden die bisherigen Planungsgrundlagen und -empfehlungen der Klimaanalyse 2011 (Stadtratsbeschluss Nr. 1384/2011) abgelöst.

Konkrete Umsetzungen von Massnahmen aus der Fachplanung Hitzeminderung sind unter anderem:

  • Hilfsmittel für Planende und Bauende zur Umsetzung hitzemindernder Massnahmen
    Beispiel: Stadtklimatool für Planende und Bauende, das einen einfachen Zugang auf die Planungsgrundlagen ermöglicht.
  • Berücksichtigung des Stadtklimas beim Bauen
    Beispiele: Die klimagerechte Strassengestaltung mittels Entsiegelung asphaltierter Böden und Verbesserung der Lebensbedingungen von Bäumen und Hecken an der Heinrichstrasse oder die Berücksichtigung von Kaltluftströmen und Bepflanzung der Aussenräume beim Ersatzneubau der Schulanlage Borrweg.
  • Umsetzung von Pilotprojekten und Sofortmassnahmen zur Gewinnung neuer Erkenntnisse
    Beispiel: Die künstliche kühlende Nebelwolke «Alto Zürrus» über dem Turbinenplatz.
  • Förderung von Vertikalbegrünung
    Beispiel: Fördergelder für die Umsetzung von Fassadenbegrünungen und die Umsetzung und Bekanntmachung guter Beispiele durch die Stadt, z. B. wurde die Begrünung der Südfassade des Triemlispitals als gutes Beispiel ausgezeichnet.
  • Weiterentwicklung von Informations- und Hitzewarnsystemen, um die Gesundheit der Bevölkerung während Hitzeperioden zu schützen.

Zusätzlich wird der zentralen Bedeutung von Stadtbäumen zur Hitzeminderung mit der Fachplanung Stadtbäume Rechnung getragen, die die vorhandene Kronenfläche in der Stadt Zürich von rund 17 Prozent (Stand 2018) auf 25 Prozent bis 2050 erhöhen möchte. Um dieses Gesamtziel zu erreichen, braucht es doppelt so viele Bäume und Kronenfläche in den heute am wenigsten durchgrünten Stadtgebieten wie beispielsweise Zürich-West und einen Erhalt in den heute bereits stark durchgrünten Gebieten wie beispielsweise am Zürichberg. Die Umsetzungsagenda beinhaltet Massnahmen für die Jahre 2022 bis 2029. Sie reichen von einer Erweiterung des Baumschutzes im Siedlungsgebiet über die Anpassungen von Baunormen bis zu Fördermöglichkeiten für Private.

Verankerung des Themas Lokalklima und Hitzeminderung in Rechtsgrundlagen und Planungsinstrumenten

Richtplanung

Im regionalen Richtplan der Stadt Zürich sind stadtklimatische Aspekte in verschiedenen Kapiteln thematisiert. In Verdichtungsgebieten werden eine hohe gestalterische Qualität und ein gut durchlüfteter Stadtkörper gefordert.

Bei der Erarbeitung des kommunalen Richtplans Siedlung, Landschaft, öffentliche Bauten und Anlagen (SLöBA) geht es aus stadtklimatischer Sicht insbesondere um die Hitzeminderung in der Gesamtstadt, um die Erhaltung des Kaltluftsystems sowie um die Entlastung von überwärmten Gebieten (Stand: Beschluss Gemeinderat).

Planungs- und Baugesetz, Bau- und Zonenordnung

Das kantonale Planungs- und Baugesetz ist hinsichtlich des Lokalklimas in Revision und aktuell in der kantonsrätlichen Kommission in Diskussion. Anschliessend gilt es zu prüfen, ob auch in der Bau- und Zonenordnung Anpassungen sinnvoll wären. Bereits heute gibt es Festlegungen in der Bau- und Zonenordnung 2016 (BZO 2016, rechtskräftig) mit positivem Effekt auf das Stadtklima. In besonders empfindlichen Quartieren wurden Baumschutzgebiete festgelegt. Im neuen Zonentyp Parkanlagen und Plätze sind bei Neugestaltungen und Sanierungen ökologische und stadtklimatische Anforderungen zu berücksichtigen. Um wertvolle Grünräume weiter zu sichern, hat die Stadt die Baubereiche in bestehenden Kernzonen teilweise reduziert, neue Kernzonen geschaffen und verschiedene neue Bestimmungen zum Umgebungsschutz eingeführt.