Im MNA-Zentrum Lilienberg wohnen Jugendliche, die ohne Eltern in die Schweiz geflohen sind und hier Asyl suchen (MNA: Mineurs non accompagnés). Das Zentrum wird im Auftrag des Kantonalen Sozialamts Zürich von der AOZ (Asyl-Organisation Zürich)* betrieben. Im letzten Juni haben mehrere Medien das Zentrum Lilienberg in Affoltern am Albis thematisiert und die Zustände dort als unhaltbar kritisiert. Der vom Kanton in Auftrag gegebene Untersuchungsbericht zeigt nun auf, dass die in den Medien geäusserte Kritik im Kern zutrifft. Die drei wesentlichsten Mängel sind: Das Haus ist mit 90 Personen überbelegt. Für die Kinder und Jugendlichen, die oftmals traumatisiert sind, ist eine kontinuierliche Beziehung zu Betreuer*innen nicht gewährleistet. Zudem ist das Haus für die vielen Bewohner*innen zu eng und zu ringhörig. Es hat zu wenig sanitäre Einrichtungen und es fehlen Rückzugsmöglichkeiten.
Die AOZ in der Verantwortung
Die AOZ ist in Sorge um das Wohl der Jugendlichen und erkennt den dringenden Handlungsbedarf im Zentrum Lilienberg. In Abstimmung mit dem Kantonalen Sozialamt hat sie entschieden, die Belegung von derzeit 90 Jugendlichen auf 60 zu reduzieren. Da derzeit sehr viele allein geflüchtete Jugendliche in die Schweiz gelangen, kann dieses Ziel allerdings kaum vor Mitte 2023 erreicht werden. Deshalb baut die AOZ zwei zusätzliche Wohngruppen auf, in denen je 30 Minderjährige in den nächsten Monaten Platz finden werden. Darüber hinaus wird sie gemeinsam mit der Stadt Zürich rund 50 Wohnplätze für junge Erwachsene bereitstellen. Weitere 100 Plätze sind beantragt.
Um im Lilienberg zusätzliche Gemeinschaftsräume zu schaffen, soll der heute grösstenteils vor Ort stattfindende Unterricht vollumfänglich in das Oberstufenschulhaus von Affoltern am Albis verschoben werden, was auch aus pädagogischer Sicht von allen Beteiligen begrüsst wird. An diesem Ziel arbeiten die AOZ und die Schulbehörde von Affoltern am Albis bereits seit Juni 2022.
Der Bericht hält zudem fest: Die Zusammenarbeit und Kommunikation zwischen den Mitarbeitenden im Zentrum Lilienberg und dem Management war unzureichend. Die AOZ anerkennt, dass der Umgang mit kritischen Rückmeldungen ungenügend war und sie als Organisation sensibler werden muss gegenüber sich anbahnenden Fehlentwicklungen.
Um all diese Herausforderungen und Massnahmen mit der nötigen Dringlichkeit anzugehen, haben der Verwaltungsrat und die Geschäftsleitung eine Taskforce eingesetzt. Sie wird das Lilienberg-Team und den gesamten MNA-Bereich der AOZ unterstützen – sowohl bei der Umsetzung und Kontrolle des Betreuungskonzepts als auch bei baulichen und betrieblichen Verbesserungen und bei der Führung der Mitarbeitenden.
MNA-Bereich vor längerfristigen Herausforderungen
Der MNA-Bereich der AOZ befindet sich grundsätzlich im Umbruch. Viele Massnahmen sind eingeleitet, aber sie werden unzureichend sein. Denn die Situation für die unbegleiteten geflüchteten Kinder und Jugendlichen spitzt sich weiter zu: In letzter Zeit sind aussergewöhnlich viele von ihnen in die Schweiz gelangt und warten in den Zentren des Bundes auf die Zuteilung an die Kantone. Die kantonalen Aufnahmefähigkeiten sind ebenfalls ausgeschöpft. Erschwerend hinzu kommt der Fachkräftemangel: Im Bereich der Sozialpädagogik und Betreuung findet man heute kaum Personal. Den Jugendlichen eine ihrem besonderen Schutzbedarf entsprechende Betreuung zukommen zu lassen, ist unter diesen Umständen äusserst anspruchsvoll. Diesem Notstand kann die AOZ alleine nicht entgegentreten. Sie wird in Zusammenarbeit mit Partnerorganisationen alles daransetzen, dass sie die allein geflüchteten Jugendlichen bedürfnisgerecht betreuen kann.
* Die Fachorganisation AOZ ist eine selbständige öffentlich-rechtliche Anstalt im Besitz der Stadt Zürich. Sie erbringt umfassende Dienstleistungen für Bund, Kantone und Gemeinden im gesamten Migrations- und Integrationsbereich.