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«Ich finde es sehr beeindruckend, wie Teodros sich hier alles erkämpft»

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Aus einer 1:1-Begleitung für die Lehrstellensuche entsteht eine Freundschaft zwischen zwei jungen Männern. Ein Bericht von Ursina Storrer, Praktikantin der AOZ Fachstelle Freiwilligenarbeit, August 2019.

28. August 2019

Teodros* ist ursprünglich aus Eritrea und als Jugendlicher in die Schweiz geflüchtet. Bis Anfang 2018 lebte er in einer Wohnsiedlung für unbegleitete Minderjährige in Zürich-Leutschenbach. Marco* gibt in genau dieser Siedlung seit Januar 2018 Hausaufgabenhilfe als Freiwilliger. Die Wege der beiden kreuzen sich aber erst, als Teodros bereits nicht mehr da wohnt und Marco einen neuen Freiwilligeneinsatz sucht, weil die Wohnsiedlung für Jugendliche geschlossen wird. Marco wendet sich an die Fachstelle Freiwilligenarbeit: Er möchte eine 1:1-Begleitung starten. Gleichzeitig teilt ein ehemaliger Betreuer von Teodros der Fachstelle mit, dass sich Teodros Unterstützung beim Einstieg ins Berufsleben wünscht. Heute sind die beiden Freunde und ziehen im September 2019 aller Voraussicht nach gemeinsam in eine WG.

Wie kommt es dazu, dass sich aus einer Begleitung für die Lehrstellensuche eine Freundschaft entwickelt hat? Die beiden erzählen mir davon im MFO-Park in Oerlikon.

Marco hat Teodros in den vergangenen fast eineinhalb Jahren in ganz unterschiedlichen Situationen begleitet: «Egal worum es ging, Marco hat mich immer unterstützt.» So stellten die beiden Unterlagen für die Lehrstellensuche zusammen, verschickten unzählige Bewerbungen und suchten auch eine Wohnung für Teodros. «Die Wohnungssuche in Zürich war frustrierend», erzählt Marco. Nicht selten seien zum Besichtigungstermin neben Teodros noch 40 andere Leute aufgetaucht. Mit etwas Glück klappte es dann doch: Teodros konnte in das frei werdende WG-Zimmer eines Freundes in Oerlikon ziehen.

Marco und Teodros trafen sich bald nicht nur unter der Woche, sondern auch samstags. «Wir haben Deutsch und Mathe geübt und uns auf den  Test zur Lehre als Haustechnikpraktiker und Sanitär vorbereit», erzählt Teodros. Der junge Mann wirkt recht zurückhaltend, spricht jedoch fast fehlerfrei Deutsch und auch Schweizerdeutsch. Irgendwann hat er Marco gebeten, bei ihren gemeinsamen Treffen mit ihm Dialekt zu sprechen – im späteren Arbeitsalltag würden auch nicht alle Hochdeutsch mit ihm sprechen.

Während des Berufsvorbereitungsjahrs im AOZ Programm Trampolin Basic, das er 2018/19 absolvierte, legte sich Teodros nochmals richtig ins Zeug: Zusätzlich zur Berufsvorbereitung meldete er sich zur theoretischen Fahrprüfung an. Bis auf zwei Fehler löste er alle Aufgaben richtig. Die Lern-CDs lieh er von Marco aus. Dieser ist von Teodros‘ Eifer beeindruckt: «Ich finde es sehr beeindruckend, wie Teodros sich hier alles erkämpft. Er hat schon so viel erreicht. Es ist wichtig, auch solche Geschichten zu erzählen und pauschale Vorurteile gegenüber geflüchteten Menschen abzubauen.»

Mittlerweile konnte Teodros bei einem Betrieb in Zürich eine erfolgreiche Schnupperlehre als Sanitär absolvieren: Im Sommer beginnt er dort eine Lehre. Angesprochen darauf, dass es dann keine Bewerbungen mehr zu schreiben gebe und somit keine «formalen Gründe» für die Treffen, grinsen sich die beiden jungen Männer verstohlen an. «Vielleicht ziehen wir im September zusammen mit einer dritten Person in eine WG», erklärt Marco. Überhaupt unternehmen Teodros und Marco auch in ihrer Freizeit viel zusammen. «An seinem Geburtstag hat mich Teodros in ein eritreisches Restaurant eingeladen. Das hat mich sehr gefreut», erzählt Marco.

Und was haben die beiden für Zukunftspläne? Teodros möchte Auto fahren lernen. «Ich muss das können als zukünftiger Sanitär», sagt er bestimmt. Marco möchte auch beruflich junge Menschen in ihrem Job unterstützen – vor Kurzem hat er die Ausbildung zum Berufsbildner abgeschlossen.

*Namen geändert