Wie wurde aus Feuerwehr, Sanität, Zivilschutz und den Rettungskräften vom Flughafen eine gemeinsame Organisation – und welche Ereignisse haben Zürich seither geprägt? Eine Chronologie durch die Geschichte von Schutz & Rettung Zürich seit 2001: von prägenden Einsätzen und Grossereignissen über strategische Entscheide bis zu neuen Wachen, Technologien und Ausbildungsorten.
Der Gründung von Schutz & Rettung als eigene Dienstabteilung liegt die «Kleine Verwaltungsrevision» aus dem Jahr 1999 zugrunde. Ziel ist die Bündelung aller Schutz- und Rettungsdienste, das heisst, die Zusammenfassung von Feuerwehr, Bevölkerungsschutz, Kreiskommando und Sanität zu einer einzigen Dienstabteilung innerhalb des Polizeidepartements (heute Sicherheitsdepartement). Als Vorbereitung wechselte die Sanität per 1. Oktober 2000 vom Gesundheits- und Umweltdepartement ins Polizeidepartement. Am 1. Januar 2001 ist es dann so weit: Die Dienstabteilung Schutz & Rettung wird gegründet. Als Hauptsitz dient die Brandwache an der Weststrasse 4 – bis heute.
Am 24. Oktober 2003, gegen 17 Uhr, wird Schutz & Rettung wegen einem schwerwiegenden Zwischenfall im Bahnhof Oerlikon alarmiert. Es liegen Berichte über eine Zugskollision vor, die auf zahlreiche Verletzte hindeuteten. Beim Eintreffen der Rettungskräfte bietet sich ein chaotisches Bild: Ein RegioExpress in Richtung Konstanz war mit einem Schnellzug aus Schaffhausen seitlich kollidiert (eine sogenannte Flankenfahrt). SRZ reagiert umgehend mit einem Grossaufgebot.
Erste Priorität am Unfallort hat die sofortige Triage und medizinische Versorgung der Betroffenen in den teilweise stark beschädigten Waggons. Die Koordination mit den anderen Blaulichtorganisationen ist entscheidend, um die Unglücksstelle zu sichern und die Verletzten effizient zu evakuieren. Trotz aller Bemühungen: Eine 22-jährige tschechische Touristin verstirbt vor Ort. Acht der insgesamt 45 Verletzten erleiden schwere Blessuren. Der Zugverkehr ist über Stunden unterbrochen. Die Unfalluntersuchungsstelle ermittelt im Anschluss die Ursache – vermutlich ein Versagen der Bremsen.
Im ehemaligen Rundbunker Landenberg in Wipkingen befindet sich das einzige Zivilschutz-Museum der Schweiz. Beim Besuch betritt man eine Zeitkapsel. Das Museum bietet den Besuchenden einen Einblick in die Geschichte und Entwicklung des Zivilschutzes in der Schweiz, insbesondere zur Zeit des Kalten Krieges. Das Museum wird offiziell im September 2005 anlässlich des 50-Jahr-Jubiläums des Zivilschutzes der Stadt Zürich eröffnet und einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich gemacht.
Die Fachschule für Rettungsberufe erhält die Anerkennung als höhere Fachschule. Erstmals führt sie neben den Ausbildungen zu diplomierten Rettungssanitäter*innen HF sowie zu Transportsanitäter*nnen auch den neu entwickelten Lehrgang für Berufsfeuerwehrleute durch. Berufsfeuerwehren und Rettungsdienste aus Deutschweiz lassen ihre angehenden Rettungskräfte an der Höheren Fachschule für Rettungsberufe (HFRB) ausbilden.
Der wohl tragischste Einsatz in der Geschichte von Schutz & Rettung: Beim Vollbrand des Zunfthauses zur Zimmerleuten bricht der Dachstock ein. Ein Berufsfeuerwehrmann wird während der Löscharbeiten vom herabstürzenden Dachstuhl getroffen und verliert sein Leben. Sechs weitere Mitarbeitende werden verletzt. Am historischen Zunfthaus entsteht enormer Sachschaden. Ein Übergreifen des Feuers auf die umliegenden Altstadtgebäude kann jedoch verhindert werden.
Die Berufsfeuerwehr und der Rettungsdienst von Unique (heute Flughafen Zürich AG) werden Anfang 2008 mit Schutz & Rettung zusammengeführt. Schutz & Rettung ist damit nun auch für den sicheren Flugbetrieb und das Einsatzgebiet im Flughafen zuständig. Durch die Fusion entsteht die grösste Rettungsorganisation der Schweiz. Mit der Fussball-Euro 08 erfolgt im Sommer die erste Bewährungsprobe. Die geballten Kräfte zahlen sich aus, um den Grossanlass erfolgreich zu bewältigen und Synergien zu nutzen.
Als die Rettungsorganisationen von Flughafen und Stadt Zürich 2008 fusionierten, wurde auch eine Zusammenlegung der beiden eigenständigen Zentralen für die Notrufnummern 118 und 144 angestrebt, zumal die beiden Einsatzleitsysteme veraltet und unterschiedlicher Herkunft waren, sodass ein gegenseitiger Datenaustausch unmöglich war.
Am 12. November 2012 ist es so weit. Nach einer anspruchsvollen und akribisch geführten Vorbereitung beginnt man in der Nacht auf den 13. November mit der Umleitung der Notrufe 144 und 118. Dabei werden nacheinander mehrere hundert Arbeitsschritte und Prozesse durchgeführt und geprüft, damit alles einwandfrei funktioniert. Von einer Sekunde auf die andere gehen die Notrufe in der neuen Einsatzleitzentrale von SRZ ein. Die Umschaltung funktioniert tadellos und es kommt erfreulicherweise zu keinerlei Störungen.
Der Auftrag von Schutz & Rettung lautet: «Wir schützen und retten Menschen, Tiere, Sachwerte und die Umwelt – rund um die Uhr.» Um diesen zu erfüllen, zählt im Notfall jede Minute. Im Notfall sollen Feuerwehr und Rettungsdienst innert 10 Minuten am Einsatzort sein. Bereits heute erfüllt Schutz & Rettung diese Vorgabe nicht im geforderten Mass. Um in Zukunft im Notfall auf dem ganzen Stadtgebiet zuverlässig helfen zu können, braucht es einen Wechsel vom heutigen zentralen hin zu einem dezentralen Wachensystem. Deshalb sollen drei neue Wachen auf dem Stadtgebiet entstehen. Ab 2013 wird dieses Ziel mit dem Programm Standortstrategie konsequent verfolgt.
Der Rettungsdienst führt einen Pilotversuch zur Neuausrichtung der Verlegungstransporte durch: Bis zu zwei Teams sind ausschliesslich für Krankentransporte zwischen Spitälern und Pflegeeinrichtungen im Einsatz, um die Auslastung der Rettungsmittel zu verbessern und Mitarbeitenden eine Einsatzmöglichkeit zu bieten, die vorübergehend keine Notfalleinsätze leisten können. Der Pilot ist erfolgreich: Seit 2019 ist der Verlegungsdienst eine eigenständige Abteilung im Bereich Sanität.
Zudem wird die Struktur von Milizfeuerwehr und Zivilschutz grundlegend angepasst: Der Zivilschutz ist seither in fünf Einsatzformationen organisiert, die gemeinsam mit einer oder zwei Milizfeuerwehrkompanien unter der Leitung von Regionenchefs stehen. Diese Regionen entsprechen der künftigen Wachenstruktur. Bei der Milizfeuerwehr werden Kompetenzen und Mittel der bisherigen Spezialkompanie sowie der Brandkompanie Limmattal in der neuen Kompanie Zürich West zusammengeführt, während die Mitglieder der Spezialkompanie auf alle Brandkompanien verteilt werden.
Das Sanitätskorps der Stadt Zürich wurde am 1. Januar 1893 mit 14 Sanitätsmännern gegründet. Im Folgejahr wurden bereits etwa 1200 Kranken- und Leichentransporte mit Hilfe mehrerer Pferdedroschken durchgeführt. 125 Jahre später ist die Welt eine andere und die Zahlen um einiges eindrücklicher: Der Rettungsdienst von Schutz & Rettung leistet in der Stadt Zürich, auf dem Flughafen und in den Vertragsgemeinden über 37 000 Einsätze pro Jahr und rund 170 Personen arbeiten im Bereich Sanität.
25. August 2018, 16.42 Uhr: Der erste Feuerwehrnotruf geht bei der Einsatzleitzentrale von Schutz & Rettung ein. «Gegenüber vom Hauptbahnhof brennt ein Gebäude lichterloh. Oh mein Gott! Bitte kommen Sie schnell.» Im Verlauf des Einsatzes kommt es zu einem Teileinsturz im Gebäude am Bahnhofquai 15. Mehrere Gebäudeteile drohen einzustürzen. Im Führungsstab finden im Stundentakt Abspracherapporte statt und die Gebäudestatik wird mit Experten laufend neu beurteilt. In den frühen Morgenstunden ist es geschafft. Der Brand ist dank des gut strukturierten Zusammenspiels von 264 Feuerwehrleuten und weiteren Einsatzkräften gelöscht. Der Sachschaden ist immens und wird im Nachgang auf rund 25 Millionen Schweizer Franken geschätzt. Trotzdem können die angrenzenden Häuser, die sich nicht im Umbau befinden, gehalten und Schlimmeres verhindert werden. Es ist der wohl grösste Brand, den die Stadt Zürich in den letzten Jahren erlebt hat.
Die Einsatzleitzentrale (ELZ) 144/118 von SRZ hat im Jahr zuvor mit einem umfangreichen Update des Einsatzleitsystems die technische Voraussetzung für eine noch schnellere und effizientere Alarmierung geschaffen. Für die technische Umsetzung der «Nächst-Best-Strategie» erhält sie gar einen Innovationspreis. Bei einem medizinischen Notfall wird durch die ELZ immer das am besten geeignete verfügbare Rettungsmittel aufgeboten. Das System kombiniert neues Kartenmaterial mit modernsten Algorithmen und Machine Learning – das heisst, das System generiert neues Wissen aus Erfahrung. Es bearbeitet pro Sekunde bis zu 1300 Routinganfragen und berechnet so innerhalb Sekundenbruch teilen das am schnellsten verfügbare Rettungsmittel. Dabei werden Faktoren wie beispielsweise prognostizierte Ausrückzeiten der Rettungseinheiten, Baustellen, unwegsames Gelände sowie Erfahrungswerte aus früheren Blaulichtfahrten berücksichtigt. In die Berechnungen werden auch Rettungsfahrzeuge und -helikopter aus dem benachbarten In- und Ausland miteinbezogen.
Der Neubau der Wache Flughafen Zürich kombiniert Rettungsdienst und Feuerwehr unter einem Dach auf dem Werkhofareal der Flughafen Zürich AG. Das Gebäude ist technisch hochfunktional: Ein Alarm lässt – automatisiert – Lichter angehen, Schlösser öffnen und Fahrzeuge freigeben, sodass Einsatzkräfte in 20 Sekunden zur Fahrzeughalle gelangen und ausfahren. Architektonisch trennt man sauber und schmutzig genutzte Bereiche: Im Obergeschoss befinden sich Ruhe-, Büro-, Schulungs- und Gemeinschaftsräume, im Erdgeschoss Fahrzeughalle und Lager.
Bereits Anfang Januar 2020 reagiert Schutz & Rettung auf das neuartige Coronavirus mit einem Lagebulletin. Ende Februar wird die Stabsstruktur aktiviert, der Kernstab übernimmt die operative Führung. Schutzmassnahmen, Homeoffice und Schulungen für digitale Zusammenarbeit werden rasch umgesetzt. Sanität, Feuerwehr und Zivilschutz passen Abläufe an, um Einsätze sicher und effizient zu gestalten. Die Einsatzleitzentrale entwickelt neue Abfrageprozesse zur Erkennung von Covid-19-Fällen. Die ICT sorgt für Infrastruktur im Homeoffice, die Logistik sicherte die Versorgung mit Schutzmitteln. Der Zivilschutz leistet über 2700 Diensttage und unterstützt das Personal im Gesundheitswesen. Trotz erschwerter Bedingungen bleibt die Versorgung in Zürich dank des grossen Engagements aller Beteiligten bei SRZ jederzeit gewährleistet. Die Pandemie zeigt die hohe Anpassungsfähigkeit der Rettungsorganisation. Auch im Jahr 2021 sind insbesondere die Sanität und Einsatzleitzentrale weiterhin stark gefordert durch aufwendige Schutzmassnahmen und der knappen Verfügbarkeit von Spitalplätzen.
In der Nacht vom 8. auf den 9. Juli 2021 fallen aufgrund einer schweizweiten Telefoniestörung die Notrufnummern 144 (Sanität) und 118 (Feuerwehr) aus oder eingehende Notrufe werden nach wenigen Sekunden unterbrochen. Als Sofortmassnahme wird bei einem Unterbruch zurückgerufen und, sofern ein Standort vorliegt, ein Mittel disponiert. Zudem werden die Feuerwehrdepots besetzt. Als die Störung behoben ist, werden langfristige Massnahmen angestossen. Noch im Verlauf des Jahres 2021 werden die Einsatzleitzentrale und der Ausweichstandort an der Weststrasse zusätzlich mit einem zweitem Telekomprovider erschlossen, um das Ausfallrisiko zu senken. Nebst dieser Redundanz werden in Koordination mit den Kantonen und den Notrufprovidern mehrere Projekte gestartet, um die Situation künftig zu verbessern.
Vor 100 Jahren nahm die Stadt Zürich die «ständige Brandwache» in Betrieb. Mit einem Chef und zehn Feuerwehrmännern stark, rückte sie vom Wollenhof (heute Gebäude des Heimatwerks an der Rudolf-Brun-Brücke) aus. Mit der wachsenden Aufgabenvielfalt entwickelt sich die traditionelle Feuerwehr zu einer multifunktionalen Rettungs- und Dienstleistungsorganisation. In der Stadt Zürich stellen heute rund 220 Mitarbeitende der Berufsfeuerwehr von Schutz & Rettung die professionelle Hilfe sicher. Rund um die Uhr. Zur Unterstützung kann die Berufsfeuerwehr auf die Milizfeuerwehr zurückgreifen, deren rund 400 Angehörige bei grossen oder lange dauernden Feuerwehreinsätzen im Einsatz stehen.
Das Bildungszentrum Blaulicht (BZB) ist das Kompetenzzentrum für die Aus- und Weiterbildung von Rettungsdiensten, Berufs- und Milizfeuerwehren, Polizei sowie Zivilschutz und Führungsstäben. Die verschiedenen Disziplinen begegnen sich bereits im Ausbildungs- und Trainingsalltag. Sie profitieren von modernster Infrastruktur und dem gegenseitigen Austausch. Man hat ein gemeinsames Ziel: die optimale Vorbereitung auf den Einsatz in kritischen Situationen und bei Grossereignissen.
Seit 1939 befindet sich die Wache Zentrum im Amtshaus Walche. Die Wache Zentrum ist die Hauptwache der Sanität. Aufgrund der Sanierung des Gebäudes diente während vier Jahren eine Pfahlbaute auf der Limmat als provisorische Wache. Anfang März 2025 bezieht die Sanität die sanierte Wache. Von hier aus stellt Schutz & Rettung die Notfallversorgung der Bevölkerung in der Innenstadt sowie im Gebiet rechts der Limmat bis hinter den Milchbuck sicher. Eine Schlüsselrolle spielt die Wache Zentrum ausserdem bei den zahlreichen Grossanlässen in der Zürcher Innenstadt wie auch im Notarztsystem, das SRZ zusammen mit verschiedenen Spitälern und der Rega betreibt.