Auf der Autobahn A1 fahren heute durchschnittlich mehr als 120 000 Fahrzeuge pro Tag durch Schwamendingen. Um den Lärm und die Luftbelastung für das Quartier zu reduzieren, starteten im März 2019 unter Federführung des Bundesamts für Strassen (ASTRA) die Bauarbeiten zur «Einhausung Schwamendingen». Auf deren Dach, auf einer Höhe von gut 8 Metern, entstand 2025 auf einer Länge von rund 950 Metern ein gut 30 Meter breiter, neuer Freiraum – der Ueberlandpark. Er prägt Schwamendingen markant mit und ist ein grosses Freiluftlabor für die Stadtnatur. Wege laden zum Verweilen ein, bieten einzigartige Naturerlebnisse und zeigen, wie die Natur mitten in der Stadt aufblüht. Grün Stadt Zürich ist für die Pflege und den Betrieb des Ueberlandparks zuständig.
Ursprünglich sah das Projekt von 2006 nur eine Basisbegrünung und eine minimale Oberflächengestaltung der Einhausung vor. Die Anforderungen an eine zeitgemäss Parkgestaltung haben sich auch infolge der Klimadebatte und Quartierbegehren markant verändert und das Projekt wurde angepasst. Neu hinzu kamen:
- zusätzliche Bäume und Sträucher
- Spielplätze, Aktivitätsbereiche und Brunnen
- Pavillon mit gastronomischen Angebot und WC-Anlagen
- Schattendächer und weitere Aufenthaltsflächen für heisse Tage
Bei der Gemeindeabstimmung am 7. März 2021 wurde die Vorlage für den Zusatzkredit angenommen.
Der neue Ueberlandpark ist eine biodiverse Oase inmitten der Stadt. Die Ausgestaltung des Parks folgt modernen Ansätzen, weg von Millimeter genau bepflanzten Blumenrabatten hin zu einer naturnahen und doch exakt auf den speziellen Standort angepassten Pflanzenwelt.
Naturnahe Bauelemente als Lebensraum
Der Ueberlandpark bietet für viele Tiere eine Möglichkeit, über die Autobahnfläche auf die andere Seite zu gelangen. Wiesenartige Freiflächen und Steinstrukturen sind dafür zentral. So jagen zum Beispiel Libellen aus dem angrenzenden Glattgebiet hier. Und eigens entworfene, wildbienenfreundlichen Mauerelemente in Trockenbauweise, welche mit speziellem Bienensand gefüllt sind, sollen einst zum grössten Bienenhotel der Schweiz werden.
Um die Ansiedlung von Tieren aktiv zu fördern, gibt es eine grosse Vielfalt an organischen Strukturen:
- Holzzersetzende Pilze gedeihen auf dem Totholz
- Steine bieten Sonnen- und Schattenplätze für Reptilien und Asseln
- Stämme als Unterschlupf und Brutstätten für Insekten und Kleintiere
- Trockenmauern bieten auch Platz für Eidechsen oder Kleinsäugetiere
- Nisthilfen für Fledermäuse und Singvögel wie Zaunkönig oder Bachstelze
- grosses Blütenangebot für diverse Falter, Hautflügler, Zweiflügler und Käfer
- Grünflächen bieten Lebensraum und Nahrung für Heuschrecken, Zikaden, Falter, Wanzen, Käfer oder Spinnen
- Bäume und Sträucher tragen Früchte als Nahrung für Vogel und Kleinsäuger, wie zum Beispiel Siebenschläfer
Tier- und Pflanzenzählung
Seit der Erstellung wurden schon verschiedenste Wildbienenarten, Tag- und Nachtfalterarten gezählt. Wie sich die Biodiversität entwickelt und welche Tierarten sich hier letztendlich alle heimisch fühlen, wird in den kommenden Jahren beobachtet und durch ein wissenschaftliches Monitoring begleitet. Die Zählung umfasst:
- Dokumentation der Entwicklung u.a. von Zielarten (Fauna)
- Langzeitstudie zur Biodiversität in der Stadt
- Rückkopplung mit gärtnerischem Unterhalt
Mehr erfahren über Tiere und Pflanzen im Ueberlandpark: Video
Die vom Bundesamt für Strassen in Zusammenarbeit mit Kanton und Stadt Zürich realisierte Einhausung Schwamendingen ist in erster Linie ein umweltwirksames Strassenprojekt. Die Quartierbevölkerung profitiert von der hohen Erholungsqualität und die Stadtnatur erhält ökologischen Mehrwert.
Grünflächen bringen an warmen Sommertagen viele Vorteile:
- Parkrasen, kleine Wiesen und Gebäudebegrünungen kühlen die Umgebung
- Der zusammenhängende Wurzelraum der Bäume stärkt Entwicklung
- Unterbepflanzung fördert Biodiversität im Siedlungsraum
Generell wird sich die Vegetation auf der Einhausung eher langsam entwicklen und verändern. Die Erdschicht ist nicht tief, Sonne und Wind wirken stark auf die Flächen ein. Dennoch: magere Flächen wie diese sind für die Biodiversität besonders wertvoll, weil solche Lebensräume sehr selten geworden sind.
Hunderte von Pflanzenarten
Rund 400 vorwiegend einheimische Bäume befinden sich auf dem Dach der Einhausung. Bei der Pflanzenauswahl wurde auf Folgendes geachtet:
- Anspruchsvoller Standort aufgrund von Hitze, Trockenheit und Wind
- Erdschicht teilweise nur 32 Zentimeter tief
- Einsatz von sogenannten Flachwurzlern
Nebst einheimischen wurden von Grün Stadt Zürich auch exotische Arten, wie etwa der Milchorangenbaum, gepflanzt. Dies als Versuch, da dieser Baum aufgrund der Klimaveränderung in der Stadt durchaus Potenzial für einen flächigen Einsatz bieten kann.
Vertikalbegrünung
Der Mauergarten trägt mit der Begrünung und Beschattung zur Hitzeminderung bei. Nicht nur vom Boden her, sondern auch vom oberen Ende der Mauer wachsen hängende Pflanzen und bilden ein hitzeminderndes und ästhetisches Gestaltungselement für die Einhausung. Da die einheimische Flora nur wenige geeignete Arten für diese Art von Bepflanzung aufweist, wurden viele winterharte Pflanzen aus anderen Regionen verwendet.
Mehr erfahren über die Begrünung des Aussenbereichs: Video
Insgesamt wurden hunderte verschieden Pflanzenarten ausgewählt, die sich besonders für die an gewissen Stellen gerade einmal 32 cm tiefe Erdschicht eignen. Die Pflanzen sind so ausgewählt, dass sie möglichst ohne Bewässerung auskommen. Diverse Abschnitte, sind ausserdem in der Blütezeit in Farbwelten wie zum Beispiel rot, violett oder blau getaucht.
Aufgrund der extremen Standortbedingungen wurden hier heimische Gehölze mit stadtklimafesten Baumarten aus verschiedenen trockenwarmen Regionen kombiniert. All dies trägt zu einer abwechslungsreichen und farbenfrohen Parkanlage bei:
- Pflanzen, die natürlicherweise aus dem Wallis und Jura stammen oder auf mageren Böden und trockenwarmen Standorten gedeihen, wie zum Beispiel auch an den Felsflanken vom Uetliberg
- Exemplare mit Herkunft aus südeuropäischen Trockenwäldern oder Steppen
- Hecken aus Sanddorn-, Ginster, Perückenstrauch- und Wildrosenhecken
Einige Abschnitte sind durch natürliche Steppen inspiriert. Die Farbgestaltung wird geleitet von der Erscheinung der Blüten und Blätter und hören auf die klingenden Namen «Silberflur», «Goldflur» und «Purpurflur».
Für Besucher*innen wurden nebst zwei Spielplätzen, ein Brunnen geschaffen, sowie ein bewirteter Pavillon erstellt. Der Wunsch nach einem Pavillon als niederschwelligen Begegnungsort sowie einem Gastroangebot aus dem Quartier, den umliegenden Genossenschaften und Organisationen war gross. Die Stadt Zürich hat die Bevölkerung daher in die Planung der Spielbereiche und der zentralen Saatlen-Terrasse mit Pavillon und Züri-WC durch ein Dialogverfahren einbezogen.
- Solarpanels auf dem Dach produzieren mehr als die gesamte Betriebsenergie des Quartiertreffpunkts
- Das Holz für den Pavillon stammt aus der städtischen Forstwirtschaft
- Der grosse Brunnen beim Pavillon besteht aus einem grossen Stück Sandstein aus Bollingen
Mehr erfahren über Pavillon und Brunnen: Video
Die Spielelemente sind inspiriert von den Bremslichtern des Verkehrs, die hier Tag und Nacht unter dem Park hindurch rollt. Für die Planung und den Bau der beiden Spiel- und Aktionsbereiche wurde im Herbst 2020 ein spezialisierter Spielplatzplaner gesucht. Eine Delegation aus der Spurgruppe, die aus einem Grundeigentümervertreter, einer Vertreterin des GZ Hirzenbach sowie aus einer Vertreterin des Quartiervereins bestand, begleitete die Auswahl.
Mehr erfahren über die Spielplätze: Video
Zukünftige Bauprojekte, wie zum Beispiel genossenschaftliche Wohnanlagen, können direkt mit der Parkanlage verbunden werden. Auf einer Höhe von acht Metern sollen bald eine Vielzahl sogenannter «Brückenschläge» installiert werden, über welche man zukünftig direkt in den Ueberlandpark gelangen wird. Zahlreiche solcher öffentlichen Zugänge zum Park können in den kommenden Jahren noch entstehen. Ein besonderes Highlight ist die Rutschbahn am Aufgang Saatlen.
Trittstein für die Natur
Der Kanton Zürich plant die Glatt wieder in einen naturnahen Zustand zu bringen und als bedeutenden überregionalen Vernetzungskorridor auszugestalten. Vernetzungskorridore verbinden die Lebensräume von Pflanzen und Tieren. Bis 2031 soll mit dem Projekt «Fil Bleu Glatt» gemeindeübergreifend ein siedlungsnahes Erholungsgebiet mit Fuss- und Velowegen und neuen Lebensräumen für Pflanzen und Tiere entlang der Glatt entstehen.
Weitere Wegverbindungen
Für die Freizeitnutzung und die Naherholung soll eine hochwertige Wegverbindungen vom Siedlungsgebiet weiter zum Wald des Zürichberg entstehen. Im Anschluss an die Fertigstellung des Ueberlandparks soll das Projekt «Neubau Fusswegverbindung Waldgarten» umgesetzt werden. Die direkte Wegverbindung mit der stadtnahen Landschaft soll die Netzlücke im Fussverkehr schliessen. Gleichzeitig werden das Landschaftserlebnis und die Naherholung für die Bevölkerung verbessert. Dabei werden die Anforderungen an die ökologische Vernetzung und landwirtschaftliche Nutzung des Gebiets berücksichtigt.
Mehr erfahren über Rampen und Brückenschläge: Video
Nicht überall gibt es auf dem Ueberlandpark von Bäumen Schatten. Im Abschnitt Schörli fällt die Humusüberdeckung am flachsten aus, weshalb an diesem Ort kaum schattenspendende Bäume wachsen werden. Eine andere Lösung wurde benötigt: Eigens von der Stadt Zürich entwickelte Schattendächer ermöglichen in der warmen Jahreszeit auch an diesen Stellen im Ueberlandpark einen angenehmen Aufenthalt.
- Windstabile Dachstrukturen spenden den Sitzelementen Schatten
- Sie sind auf Rippenkonstruktionen des Tunnels gebaut, welche die Windlast aufnehmen
- Die Standortbedingungen (Sonne/Schatten/Wind etc.) auf dem Infrastrukturbauwerk ändern sich mit der umgebenden Bebauung
- Unversiegelte Oberflächen, bei denen das Regenwasser versickern und später wieder verdunsten kann, heizen sich bei Sonneneinstrahlung weniger auf
Im Ueberlandpark findet sich noch eine weitere, auffällige Struktur: Im ganzen Park verteilt stehen 17 eckige Aufbauten. Sie dienen bei Tunnelunfällen der Autobahn als Not-Entrauchungs-Öffnungen.
Mehr erfahren über Bausubstanz und Not-Entrauchungs-Öffnungen: Video
Sie können den Ueberlandpark und das Gebiet drumherum bei geführten Rundgängen im Rahmen der Ausstellung «Vernetzte Natur – Lebenswerte Stadt» genauer kennenlernen. Für jene, die lieber selbstständig auf Erkundungstour gehen möchten, gibt es neu den passenden Züri z’Fuess-Rundgang.
Die Kieswege stehen Fussgänger*innen sowie Velofahrer*innen offen, wobei auf die gegenseitige Rücksichtnahme der Passant*innen gesetzt wird und wer auf zwei Rädern unterwegs ist, ist zum «Velospazieren» angehalten.
Schäden und Mängel an der Infrastruktur melden: Züri wie neu
- Gastronomie-Angebot
- Raumvermietung
- Barrierefreies WC
- Spielplatz
- Lift