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Abschluss der Administrativuntersuchungen im Fall Entlisberg

Medienmitteilung

Rechtsanwältin Katharina Sameli präsentierte heute die Ergebnisse ihrer Administrativuntersuchung zu den Vorfällen im Pflegezentrum Entlisberg. Sie hielt aufgrund ihrer Untersuchungen fest, dass es sich um einen Einzelfall von schwerwiegenden Verstössen durch vier Mitarbeiterinnen handelte.

10. Dezember 2009

An einer Medienkonferenz des Gesundheits- und Umweltdepartements der Stadt Zürich von heute Donnerstag wurden die Ergebnisse der Administrativuntersuchung zu den Vorfällen im Pflegezentrum Entlisberg präsentiert. Im Februar 2009 wurde gegen Mitarbeiterinnen des Pflegezentrums Strafanzeige wegen unerlaubter Handyaufnahmen von Bewohnerinnen und Bewohnern sowie Diebstahls und Körperverletzung erhoben.

Chronologie der Ereignisse
Stadtrat Robert Neukomm, Vorsteher des Gesundheits- und Umweltdepartements, erläuterte die Chronologie der Ereignisse seit Februar 2009. Drei Mitarbeiterinnen wurden unmittelbar nach dem Bekanntwerden der Vorwürfe am 24. Februar 2009 entlassen, zwei Mitarbeitende wurden frei gestellt. Im März wurde durch den Staatsanwalt eine weitere Strafuntersuchung gegen eine ehemalige Mitarbeiterin eingeleitet, der im Dezember 2008 ordentlich gekündigt wurde und deren Beteiligung an unerlaubten Videoaufnahmen damals noch nicht bekannt war.
Im Juni 2009 wurden die Strafverfahren gegen die beiden frei gestellten Mitarbeitenden durch den Staatsanwalt eingestellt, worauf sie intern versetzt und weiter beschäftigt wurden. Der Vorwurf des Diebstahls und der Körperverletzung wurde nicht erhärtet.
Im September 2009 wurde gegen vier Mitarbeiterinnen Anklage erhoben. Gegenstand der Anklage sind sichergestellte Videoaufnahmen und Fotos.
Stadtrat Robert Neukomm verurteilte die Taten nochmals in aller Schärfe und betonte, welche entscheidende Bedeutung für ihn die schonungslose Aufarbeitung der Vorfälle habe. Deshalb habe er parallel zu den Strafuntersuchungen die Administrativuntersuchung bei Rechtsanwältin Katharina Sameli in Auftrag gegeben. Der Abschluss des Berichts hatte sich verzögert, weil zunächst keine Einsicht in die Strafuntersuchungsakten gewährt wurde. Inzwischen hat Sameli durch einen Geschädigtenvertreter Einsicht erhalten.

Ergebnisse der Administrativuntersuchung
Rechtsanwältin Katharina Sameli fasste die Ergebnisse ihrer Administrativuntersuchung zu den Vorfällen im Pflegezentrum Entlisberg zusammen, welche auf umfangreichem Aktenstudium und 17 Befragungen basierte. Sie hielt fest, dass die widerrechtlichen Fotos und Filme, die zur Anklage führten, zwischen August 2007 und Oktober 2008 hergestellt wurden. Sie verletzten teils in erschreckender Weise die Privatsphäre und Würde von Bewohnern.
Die fehlbaren Mitarbeiterinnen bildeten auf der betroffenen Abteilung eine eigentliche Clique, die oft auch den Ausgang gemeinsam verbrachte. Es wurde keine Trennung zwischen Arbeit und Freizeit gemacht, weder beim Kleiderstil noch bei der Musik, noch beim Umgang mit dem Handy. Diese «Facebook-Generation» ist es gewohnt, im Ausgang hemmungslos Handyaufnahmen zu machen, ohne einen Gedanken an die Privatsphäre anderer zu haben. «Meine Ermittlungen, die sich mit dem Untersuchungsergebnis der Strafuntersuchung decken, haben ergeben, dass diese jungen Frauen aus Blödsinn, Langeweile, jeweils spontan und gedankenlos gehandelt haben», so Katharina Sameli.
Ausserhalb dieser Clique wusste niemand von den Handyaufnahmen und hätte es auch bei gebührender Aufmerksamkeit nicht wissen können. Alle Aufnahmen wurden hinter geschlossenen Türen in den Zimmern der Bewohner aufgenommen; und zwar an Tagen, an denen die Stationsleiterin nicht anwesend war. Somit gab es keine Verletzung von Meldepflichten ausserhalb des Kreises der involvierten Personen.
Die Administrativuntersuchung hat auch ergeben, dass die Qualität der Pflege - abgesehen von den einzelnen Vorfällen der Handyaufnahmen - nicht beeinträchtigt wurde. Auch sind die notwendigen Kontrollsysteme umfassend vorhanden (z.B. Regelungen zum Konfliktmanagement oder Möglichkeit, Beanstandungen anonym zu melden), wurden aber im Zusammenhang mit diesen Vorfällen nicht genutzt.
Zusammenfassend hielt Sameli fest, dass es sich um Einzelfälle von schwerwiegenden Verstössen handelte, die innerhalb einer Clique stattfanden. Die Vorfälle hätten von den andern Mitarbeitenden und Vorgesetzten nicht wahrgenommen oder verhindert werden können; sie waren schlicht unvorstellbar.
Es gab jedoch Fehleinschätzungen und Versäumnisse durch die Vorgesetzten. Sie hätten die bestehende Kleiderordnung und das Handyverbot strikter durchsetzen müssen. Auch wurde die personelle Situation auf der betroffenen Abteilung von den Vorgesetzten ungenügend erkannt, insbesondere die Bildung einer Clique sowie die schwache Akzeptanz der Stationsleitung. Die Clique hätte aus heutiger Sicht getrennt werden müssen.

Vier Empfehlungen
Rechtsanwältin Katharina Sameli formulierte aufgrund ihrer Administrativuntersuchung vier Empfehlungen:

  1. Wiedereinführung von Berufskleidung
  2. Strikte Durchsetzung der Verhaltensregeln
  3. Modifikation der Organisation Leitung Pflege
  4. Pflege einer vertrauensbildenden Kommunikationskultur durch die Vorgesetzten, damit die vorhandenen Kontrollinstrumente überhaupt zum Tragen kommen

Massnahmen in den Pflegezentren
Kurt Meier, Direktor der Pflegezentren der Stadt Zürich, nahm Stellung zu den vier Empfehlungen und zeigte auf, wie sie umgesetzt werden. Die Leitung Pflege im Entlisberg wurde bereits im April 2009 aufgrund eigener Erkenntnisse neu organisiert. Mit dem Ziel die Hauptverantwortung der Pflege auf eine Person zu konzentrieren, so dass diese öfter auf den Abteilungen ist und administrative Aufgaben delegieren kann. Die Wiedereinführung von Berufskleidung wurde schon eingeleitet, die Einführung ist ab Januar 2010 geplant. Betreffend Verhaltensregeln und Kommunikationskultur wies Meier einerseits auf die überarbeitete, klar verständliche Broschüre «Unsere Umgangsformen in den Pflegezentren der Stadt Zürich» hin und betonte anderseits das Führungsverhalten: «Es ist eine klare Führungsaufgabe, Regeln zu kommunizieren, vorzuleben und durchzusetzen. Ebenso wichtig und herausfordernd ist es, ein Klima des Vertrauens zu gestalten, in dem Fehler eingestanden und gemeinsam bewältigt werden. Ich setze mich persönlich dafür ein, dass wir in den Pflegezentren der Stadt Zürich eine solche Kultur des Vertrauens erreichen.»
Kurt Meier entschuldigte sich nochmals bei den betroffenen Bewohnerinnen und Bewohnern, bei den Angehörigen und bei den Mitarbeitenden der Pflegezentren. «Ja, es sind Fehler passiert. Es tut mir leid, dass einzelne unserer Bewohnenden in ihrer Würde durch ehemalige Mitarbeitende verletzt wurden. Wir werden alles unternehmen, damit ein solcher Fall nie wieder vorkommen kann.»