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Geschichtliches

Damenclub Amicitia

Die Anfänge der schwul-lesbischen Bewegung in Zürich und ihre Entwicklung

Im August 1931 gründen die beiden Lesben Anna Vock und Laura Thoma an der Löwenstrasse 66 im Saal des «Goldenen Löwen» in Zürich den Damenclub Amicitia. Schon bald werden auch Männer aufgenommen, und 1932 bringt der Verein die Zeitschrift «Freundschafts-Banner» heraus. Diese ruft seine Leserinnen und Leser immer wieder auf, gegen die Verleumdungen in der Presse vorzugehen und sich für die Entkriminalisierung der Homosexualität einzusetzen.

In den 1930er Jahren sind die lesbische und schwule Szene in Zürich denn auch örtlich und organisatorisch eng verbunden. So geht der Damenclub Amicitia mit dem Herrenclub Excentric eine Koalition ein.

Sie gründen gemeinsam die Schweizerische Liga für Menschenrechte und veröffentlichen ab 1933 das «Schweizerische Freundschafts-Banner» und das Nachfolgeorgan «Menschenrecht» (1937–1942). Die redaktionelle Leitung liegt bei Anna Vock («Mammina»), sie ist auch bis 1941 Herausgeberin. 1942 übernimmt Karl Meier («Rolf») die Redaktion. Gleichzeitig verschwinden die «Seiten der Frau» aus der Zeitschrift.

DER KREIS

Erste Zeitschrift für Schwule mit internationaler Ausstrahlung

Homosexuelle Männer rund um Karl Meier gründen einen Lesezirkel, aus dem das Abonnentenblatt für Schwule «DER KREIS» (1942-1960) hervorgeht. Er ist auf ein männliches Publikum zugeschnitten.

Von 1937 bis 1939 besteht an der Kernstrasse 60 in Aussersihl ein schwul-lesbisches Klublokal, von 1942 bis 1948 treffen sich die im Lesezirkel organisierten Männer im «Schlauch» an der Münstergasse im Niederdorf. Die Spuren der Amicitia-Initiantinnen verblassen mehr und mehr.

DER KREIS veranstaltet zwischen 1948 und 1960 im Theatersaal des ehemaligen Restaurants «Eintracht» am Neumarkt 5 grosse festliche Anlässe für homosexuelle Männer. Die Anlässe im heutigen «Theater Neumarkt» haben eine europaweite Ausstrahlung und bieten den gesellschaftlich verfolgten Männern einen geschützten Raum.

Die mehrsprachige Monatszeitschrift «Der Kreis - Le Cercle - The Circle» für Schwule hat in den besten Zeiten einen weltweiten Abonnentenstand von 2000 Personen. Ab 1951 werden auch englischsprachige Beiträge publiziert, deren Inhalte einfacher der Zensur entgehen.

Repression

Homosexuellen-Register, Tanzverbote und Razzien

Obwohl homosexuelle Akte unter volljährigen Personen in der Schweiz seit 1942 entkriminalisiert sind, ist der Alltag von Homosexuellen deutlich von gesellschaftlicher Repression – vornehmlich gegen Schwule – geprägt. Demütigende Razzien sind in den 1960er Jahren traurige Realität. Die Polizei führt ein Homosexuellen-Register, dessen Existenz lange abgestritten wird. Per Gesetz verbieten die Zürcher Behörden ab 1960 Männern, zusammen zu tanzen. Das städtische Tanzverbot bedeutet auch das Aus für die Festanlässe mit internationaler Ausstrahlung im Neumarkt.

DER KREIS weicht in der Folge auf den nahegelegenen «Barfüsser» aus. Der bekannte Treffpunkt für Homosexuelle beiderlei Geschlechts ist im Mai 1956 von Albert und Ella Zimmermann eröffnet worden. Schon seit einiger Zeit pendelt das Publikum zwischen der ehemaligen «Eintracht» am Neumarkt und dem Lokal an der Brunngasse 15/Spitalgasse 14. Die Bar – von Beginn weg öffentlich zugänglich – wird mehrheitlich von Schwulen und Lesben, wohl auch von trans Menschen und einigen Heterosexuellen besucht.

2014 wird die Geschichte der Schweizer Schwulenorganisation verfilmt. «Der Kreis» wird mehrfach ausgezeichnet und erfährt weltweite Beachtung.

Politisierung

Schwule und Lesben in den Neuen Sozialen Bewegungen

In der Folge der 68er Bewegung organisieren sich vor allem junge linke Schwule und Lesben in den Neuen Sozialen Bewegungen. Sie gründen Organisationen wie die HAZ (Homosexuelle Arbeitsgruppen Zürich), die seit 1972 für die Achtung der Grund- und Menschenrechte und die rechtliche Gleichstellung von Schwulen und Lesben einstehen.

1993 wird in Bern mit Pink Cross eine umfassende Dachorganisation für Schwule in der Schweiz gegründet, in die unter anderen die SOH (Schweizerische Organisation der Homophilen) – eine Nachfolgeorganisation des KREIS – überführt wird.

Mit dem Engagement von Lesben in der neuen Frauenbefreiungsbewegung FBB steht der Zwang zur Heterosexualität auch in feministischen Kreisen zur Debatte. Im Frauenzentrum entstehen Kultur- und Beratungsangebote, die sich direkt an Lesben richten, und in der FrauenLesbenBewegung werden eigene gleichheitspolitische Forderungen gestellt. Zunehmend besteht das Bedürfnis nach einer eigenen Organisation, die die verschiedenen lokalen Gruppen einbindet. Schliesslich wird 1989 die Lesbenorganisation Schweiz LOS (Organisation Suisse des Lesbiennes OSL) in Bern als Verein gegründet.

Transgender organisieren sich

Geschlechtsidentität und sexuelle Orientierung haben nichts miteinander zu tun: Es gibt schwule, lesbische, bi-, pan und heterosexuelle trans Menschen. Aber es ist anzunehmen, dass sowohl männliche wie weibliche trans Menschen sich in der Vergangenheit in homosexuellen Kreisen bewegten und als Homosexuelle geächtet wurden, da Trans noch nicht thematisiert wurde.

Erste Selbsthilfegruppen von trans Menschen, vor allem trans Frauen, wurden in den 1980er-Jahren gegründet. Die Vernetzung der Gruppen führte 2010 zur Gründung des Vereins Transgender Network Switzerland (TGNS), der ersten nationalen Lobbyorganisation von und für trans Menschen. Trans Menschen meint alle Menschen, die sich mit dem Geschlecht, das ihnen bei der Geburt zugewiesen wurde, nicht identifizieren können. TGNS bietet trans Menschen die Möglichkeit, ihre Interessen eigenständig wahrzunehmen und nicht in den bestehenden Homosexuellenorganisationen subsumiert zu werden.

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