Wie hält man Personal? – Indem man es aus- oder weiterbildet
Qualifizierte Arbeitskräfte zu finden und zu halten ist für Behörden und Organisationen im Sozialbereich anspruchsvoll. Was heisst das für die AOZ? Und wie ist die Lage im Asyl- und Migrationsbereich? Fränzi Zimmerli, die Geschäftsleiterin des Verbands SavoirSocial, ordnet die Ergebnisse der neusten grossangelegten Studie ein.

«Wir sprechen von Knappheit, aber noch nicht von Mangel», sagt Fränzi Zimmerli, die Geschäftsleiterin des Verbands SavoirSocial. Der Dachverband für die Berufsbildung im Sozialbereich hat zusammen mit der Konferenz der Fachhochschulen für Soziale Arbeit Schweiz die «Fachkräftestudie im Sozialbereich» herausgegeben.
Über den ganzen Sozialbereich gesehen können 90 Prozent der ausgeschriebenen Stellen besetzt werden. In über 80 Prozent der Fälle mit der gewünschten Qualifikation, aber nur bei 60 Prozent mit Qualifikation und innerhalb der gewünschten Frist. Die Institutionen finden also weiterhin ihr Personal, sie müssen dafür aber mehr Aufwand betreiben als noch vor einigen Jahren und sie müssen Kompromisse eingehen. Im Jahr 2016, bei der letzten Studie, lag der Anteil der fristgerecht besetzten Stellen rund 10 Prozentpunkte höher als heute.
Die zentrale Herausforderung
Für das gesamte Berufsfeld vom Sozialdienst über die Kita bis zur Altenpflege gilt laut Zimmerli: «Die zentrale Herausforderung ist nicht das Gewinnen, sondern das Halten von Arbeitskräften.»
An der Studie haben auch 41 Institutionen des Asyl- und Migrationsbereichs teilgenommen. Zusammen beschäftigen sie 800 Mitarbeitende. Das Berufsfeld ist damit vergleichsweise wenig repräsentiert. Das ist wichtig zu wissen, weil der Sozialbereich heterogen ist. Ob jemand in einer Kita, in einer Sozialberatung, in der Betreuung von beeinträchtigten Menschen oder in einem Bundesasylzentrum arbeitet, macht einen grossen Unterschied. Trotz geringer Beteiligung gebe die Studie wichtige Hinweise für den Asyl- und Migrationsbereich, sagt Zimmerli. Man habe aber weniger in die Tiefe gehen können bei der Auswertung.
So unterscheidet sich der Asyl- und Migrationsbereich von den übrigen sozialen Tätigkeitsfeldern:
- Die Verweildauer in einer Anstellung ist kürzer, im Durchschnitt unter drei Jahren. Über fünf Jahre bleiben nur 20 Prozent im gleichen Job.
- Weniger Berufstätige haben einen beruflichen Abschluss im Sozialbereich. Viele kommen aus verwandten oder nicht verwandten Berufen.
- Tendenziell sind die Berufstätigen jünger. Eine Pensionierungswelle droht zurzeit nicht.
Potenzial für Imageverbesserung
In Gesprächen hört Zimmerli, dass viele den Asyl- und Migrationsbereich als erstes Arbeitsfeld für den Berufseinstieg in den Sozialbereich nutzen. Dies gelte besonders für Menschen mit Migrationshintergrund. Viele strebten danach einen Wechsel in die Sozialberatung an. Hier sieht sie Potenzial für eine Imageverbesserung, da das Tätigkeitfeld interessant sei.
Andererseits komme man im Asyl- und Migrationsbereich rasch in herausfordernde Situationen. Dafür reiche der Rucksack, den die Beschäftigten von ihrer Ausbildung her mitbrächten, oft nicht. Dies könne zu einer hohen Belastung und schliesslich zum Weggang führen. Auch Personen mit formalen Ausbildungen seien gefordert, weil sie mit vielen nicht ausgebildeten Kolleg*innen arbeiten müssten. Dies könne unbefriedigend sein. Zimmerli regt an, diese Art von Herausforderung sollte künftig in die Ausbildung von Sozialarbeitenden einfliessen.
Zimmerlis Fazit
Als grösste Herausforderung im Asyl- und Migrationsbereich nennt Fränzi Zimmerli die kurze Verweildauer des Personals. Die hohe Fluktuation könne nicht nur mit der Schwankung der Asylzahlen erklärt werden. Es habe auch mit den beruflichen Herausforderungen zu tun und mit der Tatsache, dass ein vergleichsweise grosser Anteil der Arbeitskräfte keine formale Ausbildung im Sozialbereich mitbringe.
Prinzipiell sei der Beruf attraktiv, auch durch weiterführende Ausbildungen oder die Möglichkeit eines Quereinstiegs, sagt Zimmerli.
Ihr fällt auf, dass der Anteil von Beschäftigten mit einer Ausbildung als Migrationsfachperson klein ist. Das sei eine verpasste Chance der Arbeitgebenden, ihre Mitarbeitenden zu qualifizieren.
Als weitere Herausforderung nennt sie die Schwierigkeiten bei der Anerkennung von ausländischen Diplomen. Gerade aus dem Migrationsbereich könnten mehr Fachkräfte – auch für den Sozialbereich - rekrutiert werden, sei es über die Anerkennung von Diplomen oder über eine Nachqualifizierung.