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Ergotherapie – Nutzen, Herausforderungen und ein Pilotprojekt

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Fabienne Hasler ist Leiterin medizinische Therapien bei den Gesundheitszentren für das Alter (GFA). Zum heutigen Welttag der Ergotherapie gibt sie Einblicke in das Berufsfeld, erklärt, wieso Ergotherapie im Alter besonders wichtig ist und was für ein Pilotprogramm derzeit evaluiert wird.

27. Oktober 2023

Fabienne Hasler, Leiterin medizinische Therapien
«Die interprofessionelle Zusammenarbeit ist zentral.»
Fabienne Hasler, Leiterin medizinische Therapien

 

 

 

Was ist Ergotherapie und was unterscheidet sie von Physiotherapie?
Ergotherapie stellt die Handlungsfähigkeit des Menschen in den Mittelpunkt. Sie trägt zur Verbesserung der Gesundheit und zur Steigerung der Lebensqualität bei. Sie befähigt Menschen, an den Aktivitäten des täglichen Lebens teilzuhaben. Gerade in der Geriatrie überschneiden sich die Inhalte von Ergo- und Physiotherapie oftmals. Die Grenzen der Zuständigkeit sind fliessend, das macht die Zusammenarbeit spannend und abwechslungsreich.

Wer profitiert von Ergotherapie und warum ist sie gerade im Alter so wichtig?
Ein fortgeschrittenes Alter bringt körperliche, psychische und soziale Veränderungen mit sich, die sich auf das tägliche Leben auswirken. So kann es plötzlich Schwierigkeiten bereiten, zu sich selbst oder zu anderen zu schauen, sein Zuhause aufzuräumen, eine Fernsehsendung zu verfolgen, aus dem Haus zu gehen oder an einem Bankomaten Geld abzuheben. Diese Schwierigkeiten können in Zusammenhang stehen mit einem Kräfte- oder Sensibilitätsverlust, einem Verlust an Beweglichkeit, Sehstörungen, kognitiven Störungen, Demotivation oder chronischen Schmerzen. Auch kann es sein, dass die bauliche Umgebung oder das Zuhause nicht mehr den eigenen Möglichkeiten Rechnung tragen. In solchen Situationen unterstützt die Ergotherapie Menschen in allen Lebenslagen.

In welchen Bereichen können dank Ergotherapie Fortschritte erzielt werden und wie sehen diese aus?
Ergotherapeut*innen verfügen über die notwendigen Fachkenntnisse, um gemeinsam mit den betroffenen Personen, ihrem Umfeld und den involvierten Institutionen Lösungen zu finden und die Schwierigkeiten zu reduzieren.

Die Ergotherapie ist sehr vielseitig. Sie bietet in zahlreichen Lebensbereichen Unterstützung und folgenden Leistungskatalog:

  • Training der alltagsrelevanten körperlichen, kognitiven, emotionalen und sozialen Fähigkeiten
  • Zusammenarbeit mit dem unterstützenden Umfeld, um eine optimale Begleitung des Menschen in seinem individuellen Alltag zu erreichen
  • Beratung und Unterstützung bei der Anpassung des Zuhauses sowie der Wahl der Hilfsmittel
  • Beratung und Umsetzung von Präventionsmassnahmen, zum Beispiel Sturz- oder Schmerzprävention
  • Beratung und Umsetzung gesundheitsfördernder Aktivitäten, welche die Lebensqualität steigern
  • Beratung und Instruktion bei der Lagerung von Menschen mit stark eingeschränkter Mobilität

Wie hat sich das Berufsfeld in den vergangenen Jahren weiterentwickelt?
Gerade in Langzeitinstitutionen, wie wir es sind, ist die Zahl der Ein- und Austritte gestiegen. Der Durchlauf ist deutlich höher. Abklärungen hinsichtlich der Barrierefreiheit der Wohnsituation oder auch die Beratung für eine Rückkehr nach Hause haben zugenommen. Unsere Bewohnenden sind häufig hochbetagt und multimorbid, was die Behandlungen komplexer macht. Gleichzeit steigt der Kostendruck im Gesundheitswesen. Umso wichtiger ist es deshalb, Interventionen nach wissenschaftlichen Kriterien auszuwählen und zu begründen.

Was zeichnet die Ergotherapie in den Gesundheitszentren für das Alter aus?
Wir nutzen Synergien zwischen Physiotherapie, Arztdienst, Pflege, Sozialdienst und Aktivierungstherapie für eine professionelle Versorgung unserer Bewohnenden. Neben dem Training alltagsrelevanter Fähigkeiten, der Hilfsmittelberatung und der Sturzprävention wird zudem auch die Angehörigenarbeit immer wichtiger.

Welche Angebote gibt es für Bewohnende resp. für Senior*innen aus dem Quartier?
Für unsere Bewohner*innen bieten wir Einzel- und Gruppentherapien an. Mit dem Pilotversuch «Sturz ade!», einem interprofessionellen Sturzpräventionsprogramm, machten wir einen ersten Schritt in Richtung Vernetzung im Quartier. Unsere Ergo- und Physiotherapeut*innen haben in Zusammenarbeit mit den Verkehrsbetrieben Zürich und der Ernährungsberatung des Stadtspitals Zürich ein attraktives Kursangebot geschaffen, das verschiedene Bereiche der Sturzprävention abdeckt. Das Programm ist auf viel positive Resonanz in der Bevölkerung gestossen, was zeigt, wie wichtig das Thema ist. Derzeit sind wir dabei, das Angebot zu evaluieren.