Zweiter Wahlgang der Ständeratswahlen – Profil der Wählerschaft
Am 19. November 2023 fand der zweite Wahlgang der Ständeratswahlen statt. Nach der historisch hohen Wahlbeteiligung beim ersten Wahlgang sackte sie beim zweiten Urnengang um beinahe 10 Prozentpunkte auf 42,7 Prozent ab. Bei den Jungen zeigte sich der grösste Rückgang. Neben dem Alter korrelierten auch Einkommen und Vermögen der Stimmberechtigten stark mit der Teilnahme am zweiten Wahlgang. Die folgende Auswertung beruht auf den abgegebenen Stimmrechtsausweisen in der Stadt Zürich. (11. Dezember 2023 – Aline Metzler)
An zweiten Wahlgängen wird deutlich weniger gewählt
Bei zweiten Wahlgängen für den Ständerat ist die Wahlbeteiligung meistens deutlich tiefer. Dieses Muster zeigt sich erneut bei den diesjährigen Parlamentswahlen: Während die Wahlbeteiligung am 22. Oktober mit 51,6 Prozent so hoch war wie seit über fünfzig Jahren nicht mehr (1971), beteiligten sich am zweiten Wahlgang für den Ständerat lediglich 42,7 Prozent der Wahlberechtigten.
Beteiligung bei den jungen Frauen eingebrochen
Es überrascht daher nicht, dass die Beteiligung am 19. November in allen Altersgruppen tiefer lag als am 22. Oktober. Besonders gross waren die Unterschiede zwischen dem ersten und zweiten Wahlgang bei den jungen Wahlberechtigten. Die stärkste Veränderung zeigte sich bei den 29-Jährigen – bei den 29-jährigen Frauen sank die Beteiligung mit rund 20 Prozentpunkten besonders stark. Erst bei den über 55-Jährigen ist der Unterschied kleiner als zehn Prozentpunkte. Ab 70 Jahren unterscheidet sich die Beteiligung zwischen dem ersten und zweiten Wahlgang nur noch geringfügig.
In Oberstrass wählte mehr als die Hälfte, in Hirzenbach nur ein Viertel
Die niedrigste Beteiligung am Urnengang am 19. November resultierte im Stadtquartier Hirzenbach, wo 25,4 Prozent der Wahlberechtigten an die Urne gingen. Wie bei anderen Wahlen und Abstimmungen war auch dieses Mal die Beteiligung im ganzen Kreis 12 am tiefsten. Am häufigsten beteiligten sich die Wahlberechtigten in den Quartieren Oberstrass (56,2 %), Fluntern und Hottingen (beide 55,6 %).
Im Vergleich zum Wahlsonntag vom 22. Oktober ist die Beteiligung am 19. November in den Quartieren der Kreise 4 und 5 am stärksten gesunken.
Deutlich grösseres Einkommen und Vermögen bei den Wählenden
Wie schon die hohe Beteiligung in einkommensstarken Quartieren vermuten lässt, hatten Wählende am 19. November im Schnitt ein deutlich höheres Einkommen als Nichtwählende. Der Median des steuerbaren Einkommens der wählenden Einzelpersonen war mit etwa 53 000 Franken rund ein Viertel höher als derjenige der Nichtwählenden (40 000 Fr.). Dieses Muster akzentuierte sich bei den Verheirateten noch: Wähler*innen verfügten über ein steuerbares Medianeinkommen (109 000 Fr.), welches um knapp 30 Prozent höher war als jenes der verheirateten Nichtwählenden (77 000 Fr.).
Noch deutlicher zeigten sich im zweiten Wahlgang für den Ständerat die Unterschiede zwischen Wählenden und Nichtwählenden beim steuerbaren Vermögen. Das Medianvermögen der Wähler*innen war mit 96 000 Franken mehr als viermal so hoch wie jenes der Nichtwählenden (23 000 Fr.). Verheiratete Wahlteilnehmende versteuerten 447 000 Franken und wiesen somit ebenfalls ein deutlich höheres Medianvermögen aus als nichtwählende Eheleute (94 000 Fr.).
Im Vergleich zur Beteiligung am 22. Oktober hatten Wählende beim zweiten Wahlgang ein etwas grösseres Einkommen sowie Vermögen. Personen, welche an beiden Wahlgängen teilnahmen, hatten die höchsten Medianwerte beim steuerbaren Einkommen und Vermögen. Sie waren mit anderen Worten im Schnitt besser situiert als Personen, welche nur an einem oder keinem Urnengang teilnahmen.
Es ist allerdings zu beachten, dass mindestens ein Teil dieser Unterschiede darauf zurückzuführen ist, dass das Einkommen und vor allem das Vermögen mit dem Alter zunehmen. Dies gilt auch für die politische Beteiligung, und somit stehen die beiden Merkmale in Korrelation zueinander.
Je älter und wohlhabender, desto höher die Beteiligung
Alter wie auch Einkommensverhältnisse waren zentrale Faktoren für die Wahlteilnahme am zweiten Wahlgang dieser Ständeratswahlen. Dies wird durch die Grafik 4 verdeutlicht. Je dunkler ein Feld ist, desto höher war die Beteiligung am Urnengang in der entsprechenden Alters- und Einkommenskategorie.
Für Einzelpersonen und Verheiratete zeigte sich deutlich, dass die Beteiligung mit zunehmendem Alter und steuerbaren Einkommen höher war. Drei Viertel der Einzelpersonen sowie etwa 85 Prozent der Verheirateten zwischen 65 und 74 Jahren mit einem Einkommen über 150 000 Franken gingen am 19. November 2023 an die Urne. Weniger stark unterschied sich die Beteiligung nach Einkommensklasse bei den 18- bis 24-Jährigen. Als einzige Altersgruppe zeigten sie bei zunehmendem steuerbarem Einkommen keine höhere Beteiligung am Urnengang.
Bei Stimmberechtigten mit weniger als 50 000 Franken steuerbarem Einkommen fiel die Beteiligung am zweiten Wahlgang der Ständeratswahlen mit zunehmendem Alter geringer aus, insbesondere bei den Einzelpersonen. Zudem zeigte sich, dass ältere Verheiratete unabhängig vom Einkommen stärker partizipierten als ältere Einzelpersonen. Interessant ist: Je höher das Einkommen, desto geringer waren die Unterschiede in der Beteiligung nach Altersklasse.
Die Analyse beruht auf den eingereichten Einmalstimmrechtsausweisen (ESRA). Auf diesen ist ein persönlicher Code aufgedruckt. Dieser wurde mit einem Auszug aus dem Personenregister verglichen, der alle stimmberechtigten Personen enthält. Die ESRA werden getrennt von den Wahl- und Abstimmungsdokumenten erfasst und die gewonnenen Daten anonymisiert. Auf diese Art lässt sich bestimmen, wer am Urnengang teilgenommen hat, nicht aber, ob diese Personen an den Ständeratswahlen teilgenommen haben. Auch ist nicht ersichtlich, wen sie gewählt haben.
Für die vorliegende Publikation wurde die wahlberechtigten Personen mit den jeweiligen Steuerdaten verknüpft. In der Auswertung wird zwischen Einzelpersonen und Verheirateten unterschieden, da für diese Personengruppen jeweils andere Steuertarife gelten. Da es lange dauert, bis die definitive Veranlagung der Steuern verfügbar ist, werden die Angaben zu Einkommen und Vermögen aus dem Steuerjahr 2020 (geltend per 31.12.2020) verwendet. Personen, die seit Ende 2020 zugezogen, volljährig geworden oder eingebürgert worden sind, bleiben daher von der Analyse ausgeschlossen.
Beteiligung am Urnengang
Die Beteiligung am Urnengang stellt den Prozentanteil der abgegebenen gültigen und ungültigen Stimmrechtsausweise an allen Stimmberechtigten dar.