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Interview mit Matteo Hofer

Spazieren ist Kunst ist Musik

Matteo Hofer über die «Art Loops» und Spaziererlebnisse der besonderen Art.

Der Künstler Matteo Hofer hat für die Fachstelle Kunst und Bau vier Kunstspaziergänge konzipiert. Sie führen zu Kunstwerken der Fachstelle Kunst und Bau, öffnen dabei aber auch den Blick und die Sinne für den ganzen Stadtraum, seine Klänge und Atmosphären in den unterschiedlichen Stadtkreisen. Die Spaziergänge sind nicht geführt, sondern können auf eigene Faust unternommen werden.

Foto von Matteo Hofer
Matteo Hofer, Künstler und Musiker.

Was erlebt man auf den «Art Loops», den Kunstspaziergängen durch Zürich?

Matteo Hofer: Natürlich habe ich eine gewisse Intention, was die Spaziergänge auslösen könnten. Es ist aber wie bei einem Bild, das gemalt wurde: Was es letztendlich beim Betrachten auslöst, entzieht sich zu einem grossen Teil der Steuerung des Künstlers. Man erlebt also auf den Spaziergängen zu einem grossen Teil etwas, was ich nicht vorhersehen konnte. Und doch oder gerade trotzdem habe ich diese Spazierlinien bis ins letzte Detail recherchiert, konstruiert, ausgetestet und in ihrer Form fixiert. Das ist eine Diskrepanz, die mich an meiner Arbeit besonders interessiert. Die durch die Fachstelle Kunst und Bau realisierten Kunstwerke bilden dabei jeweils die Grundpfeiler für einen Spaziergang. Dabei sind die Spazierlinien so gezogen, dass auf den ganzen Weg verteilt gewisse Bezüge zu den Werken auftauchen und in der Umgebung thematisiert werden. Dies ist der Versuch, eine Atmosphäre zu schaffen, die sich in inspirierender Weise auf das Erleben der Kunst im öffentlichen Raum auswirkt.

Entwurf des Kartendeckblattes
Entwurf des Deckblattes einer Partitur.

Was hat es mit der Bezeichnung «Art Loops» auf sich?

Die Spaziergänge sind so angelegt, dass man in einer Schlaufe geht: Die vier Spaziergänge durch den Kreis 3, 4, 11 und 12 starten alle beim Bahnhof, führen zunächst zum Amtshaus III, dem Sitz der Fachstelle Kunst und Bau, gehen dann in die jeweiligen Quartiere und schliessen wieder zum Hauptbahnhof. Ein Loop ist ein Kreis, und tatsächlich werden ja verschiedene Kreise der Stadt begangen.

Ich bin ursprünglich Musiker und Loop in der Musik bedeutet zum Beispiel, dass man etwas Bestehendes, einen Klang, nimmt und ihn in die Form einer Schleife bringt. Daraus entsteht dann im besten Fall ein neues, eigenständiges Stück Musik.

Den Spaziergang als solchen empfinde ich ebenfalls als musikalisches Ereignis. So spreche ich hier auch von Komposition und verweise mit diesem Begriff bewusst auf die Musik. Die Texte zu den Spaziergängen bezeichne ich darum als Partituren. Damit wird auf den Rhythmus, die Dynamik, das Tempo und die Dramaturgie, die Bewegung verwiesen - alles Elemente, die auch einen Spaziergang auszeichnen.

Die Kunstspaziergänge führen nicht nur zu Kunstwerken, die «Art Loops» scheinen in sich schon Kunstprojekte zu sein…

Ja, wieso ist ein Kunstspaziergang ein Kunstwerk?…Kunst verändert die Wahrnehmung, sie zwingt zur Verlangsamung, dazu, sich eingehender mit ihr zu befassen. Beim Spazierengehen passiert das Gleiche: Das Tempo wird gedrosselt. Dadurch steigert sich die Aufmerksamkeit für die Umgebung, das Erlebnis, die Gedanken und den eigenen Körper. Dieser schreibt sich bei den «Art Loops» gewissermassen in Echtzeit in den Stadtkreis ein. Die Partitur ist, wenn man so will, nicht nur das blosse Werkzeug (also das praktische Hilfsmittel zur Durchführung des Spazierganges) sondern definiert eine künstlerische Setzung, die sich so gleichzeitig von allem abgrenzt, was nicht zu dieser Setzung gehört. Eine Partitur ermöglicht es natürlich auch, dass ein Werk immer wieder aufgeführt werden kann. Ein Loop eben.

Interview: Claudia Pantellini

Website Matteo Hofer: www.matteohofer.com

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