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Ein Tag im Leben von Dr. med. Ünal Can

Dr. med. Ünal Can ist Chefarzt des Instituts für Notfallmedizin am Stadtspital Waid und Triemli. Im Beitrag erzählt er, wem er die Faszination für die Medizin zu verdanken hat, welche Leidenschaft die ganze Familie Can teilt und welche Patientengeschichten ihm immer in besonderer Erinnerung bleiben werden.

 Teilnahme beim ​​Alpenbrevet, das mich über die schönsten Pässe der Schweiz führte.
Teilnahme beim ​​Alpenbrevet, das mich über die schönsten Pässe der Schweiz führte.

Es ist 6.30 Uhr. Der Wecker klingelt. Meine morgendliche Routine hält sich wie immer kurz: Duschen, Anziehen und der tägliche Abschiedskuss an meine Frau, bevor ich das Haus verlasse. Frühstück gibt's bei mir nur am Wochenende. Dafür umso ausgiebiger mit frischem Brot aus der Dorfbäckerei und allem, was sonst noch dazu gehört. Wie jeden Tag komme ich auch heute von meinem Wohnort Uitikon mit dem Fahrrad zur Arbeit. Ich bin ein passionierter Velofahrer und nutze jede Gelegenheit, um aufs Rad zu steigen – so auch, wenn ich zwischen den beiden Standorten Waid und Triemli hin und her pendle.

In meinem Büro, wo ich administrative Tätigkeiten erledige.
In meinem Büro, wo ich administrative Tätigkeiten erledige.

Als grosser Latte Macchiato-Fan habe ich seit längerem meine eigene Nespresso-Maschine mit Milchschäumer im Büro. Auch heute Morgen gönne ich mir eine Tasse und erledige parallel die anstehenden Büroarbeiten. Wie Sie sich vorstellen können, ereignet sich in unserem Institut für Notfallmedizin immer viel Unvorhergesehenes. In unserer Notfallpraxis behandeln wir einfache Verletzungen oder leichte Erkrankungen, beispielsweise verstauchte Fussknöchel, Halsschmerzen und vieles mehr. Damit können wir den Notfall für dringendere Fälle entlasten.

Unterstützung der jüngeren Berufskollegen bei wichtigen Entscheiden.
Unterstützung der jüngeren Berufskollegen bei wichtigen Entscheiden.

Es ist 9 Uhr und eigentlich hätte jetzt der Röntgenrapport, bei dem wir Röntgenbilder sowie die anschliessende Behandlung besprechen, stattfinden sollen. Kurz vor Meetingstart trifft ein dringender Notfall ein. Ein Schreiner in Ausbildung hat sich mit der Säge in die Hand geschnitten. Von seinem Lehrlingsausbildner wird er zu uns in den Notfall gefahren. Nach Beurteilung der Wunde und Ausschluss einer Fraktur anhand des Röntgenbildes, entschliessen wir uns zur operativen Versorgung durch unsere Handchirurgen.

Dieser Notfall hat meinen Terminkalender natürlich durcheinandergebracht. Den Röntgenrapport verschieben wir auf 11 Uhr. Wir besprechen das Röntgenbild einer älteren Patientin, die beim Spazieren gestürzt ist. Ihre Hüfte ist gebrochen und sie braucht eine Operation mit Ersatz des Hüftkopfes.

Es ist Mittagszeit. Ich habe mich für die feinen Fischknusperli und einen Salat vom Buffet aus unserem Spital-Restaurant entschieden. Zusammen mit ein paar Team-Kollegen geniesse ich die Ruhe, spreche über dies und das und stärke mich für den Nachmittag.

An meiner Tätigkeit schätze ich besonders die Vielfalt, den persönlichen Kontakt zu Patientinnen und Patienten, gemeinsam mit dem Team etwas bewirken zu können sowie die täglich neuen Herausforderungen. Dabei habe ich stets das Ziel vor Augen, unseren Patientinnen und Patienten die bestmögliche Behandlung anzubieten.

Mein Nachmittag ist geprägt von Sitzungen, Team-Besprechungen, Projektarbeiten, Mitarbeitergesprächen und natürlich der Betreuung von Notfallpatientinnen und Notfallpatienten. Es war schon immer mein Kindheitstraum Arzt zu werden. Die Faszination für die Medizin verdanke ich meinem Grossvater. Er war Chirurg und stets ein grosses Vorbild für mich sowohl aus menschlicher als auch als medizinischer Sicht.

Es ist 18.30 Uhr. Ich setze mich aufs Fahrrad und mache mich auf den Nachhauseweg. Zuhause wasche ich als erstes meine Hände bevor ich meine Familie begrüsse. Ich habe vier Kinder im Alter zwischen 17 und 24 Jahren. Die drei älteren studieren Architektur, VWL und Medizin. Mein jüngstes Kind besucht zurzeit noch das Gymnasium.

Im Winter ist Langlaufen meine grosse Passion
Im Winter ist Langlaufen meine grosse Passion.

Meine Frau und ich bereiten gemeinsam das Abendessen zu. Um 19.30 Uhr kommen Freunde zu Besuch. Wir sprechen an solch geselligen Abenden nicht oft über meine Arbeit, aber wenn, dann werde ich oft gefragt, wie ich mit den teilweise tragischen Schicksalsschlägen, welche ich auf dem Notfall behandle, umgehe. Mir persönlich helfen dabei Gespräche mit meinen Arbeitskollegen oder der Familie. Auch beim Velofahren oder Langlaufen finde ich die innere Ruhe, das Erlebte zu reflektieren und zu verarbeiten. Es gibt aber auch Patientengeschichten, die mir ein Leben lang in besonderer Erinnerung bleiben werden. Zum Beispiel die junge Frau, die nach einem Unfall beinahe beide Füsse verloren hätte und nun wieder laufen kann, oder die Patientin, welche trotz schwerster Armverletzung jahrelang mit einem kleinen Geschenk und grösster Dankbarkeit zur Sprechstunde kam.

Auf dem Rennvelo kann
Auf dem Rennvelo kann ich komplett abschalten.

Der gemütliche Abend mit unseren Freunden neigt sich dem Ende zu. Vor dem Schlafengehen lese ich noch ein paar Seiten in meinem Krimi "Gossenblues" von Sunil Mann. Er spielt im Zürcher Langstrassenquartier und ist wärmstens zu empfehlen. Morgen ist Samstag und einer der letzten warmen Tage in diesem Jahr. Da meine Familie keine Sportart auslässt - insbesondere keinen Wassersport – ist für morgen Stand up paddeln auf dem Türlersee angesagt. Ich freue mich sehr darauf.

Nun ist es 23 Uhr und ich lege den Krimi zur Seite. Kurz vor dem Einschlafen wird mir einmal mehr bewusst, wie dankbar ich für alles sein kann. Ich habe eine liebevolle, unterstützende Familie, dankbare Patienten und tolle Arbeitskolleginnen und -kollegen, die gemeinsam mit mir unser Institut für Notfallmedizin voranbringen. Ich bin glücklich, den besten Beruf der Welt ausüben zu dürfen.

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