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Roland Hotz, Leitung Hausdienst und Technik, Schul- und Sportdepartement

Roland Hotz: «Es ist nicht einfach Kunst, es ist etwas Greifbares, löst nicht nur bei mir, sondern auch bei meinen Bürogästen positive Gefühle aus. Brauchen wir dies nicht in unserer täglichen, anspruchsvollen Arbeit?»

Künstlerin: Susanne Hofer (*1970)

Werk: «Eck-Stück Nr. 2», 2012, Druck auf Plexiglasscheibe, hinterbeleuchtet (Lampensockel mit LED-Birne, 7W/60W, 6500K), Ed. 2/3 + 1AP, 50 x 50 x 50 cm.

Das Werk befindet sich seit 2021 in der Kunstsammlung der Stadt Zürich.

Foto: Esther Mathis

Warum haben Sie speziell dieses Werk ausgewählt?

Mein in hohem Grade denkmalgeschütztes 126-jähriges Schulhaus Hofacker am Zürichberg wurde in den letzten sechs Jahren umfangreich instand gesetzt. Neben meinen heterogenen Kernaufgaben als Leiter Hausdienst & Technik hat die Baustelle wesentlich zu sehr interessanten Arbeitsinhalten beigetragen. Das Bauen, insbesondere der Rohbau – das, was man letzten Endes nicht mehr sieht – interessiert mich seit jeher sehr, fast mehr als das Endprodukt. Als bisher nicht sehr künstlerisch veranlagter und interessierter Mensch spürte ich hier eine Gelegenheit, mich für mein neues Büro doch mal etwas mit Kunst auseinanderzusetzen. Diese Installation der Kunstsammlung der Stadt Zürich zeigt uns in einer Deckenecke einen Bildausschnitt des Rohbaus. Sie widerspiegelt für mich in erster Linie die letzten sechs Jahre Bauzeit, insbesondere all das, was ich im Zusammenhang mit dem komplexen Baugeschehen hautnah erleben durfte. Unter anderem eben auch das, was man heute als Betrachter*in, Mitarbeiter*in oder Besucher*in des Gebäudes nicht mehr sieht: nämlich den Rohbau. Dieser hat eigentlich wenig mit Ästhetik oder Kunst zu tun. Es ist schon wichtig, sich mit Materialisierung und Form auseinanderzusetzen - also das, was am Ende einem Gebäude Stil gibt. Ästhetik ist und war für mich immer etwas Oberflächliches und Äusserliches. Als bodenständiger Mensch ist es für mich nur Schein, im Gegensatz zum Wirklichen. Aber hinter dieser heutigen Ästhetik verbergen sich sechs Jahre Bauzeit. Ganz viele Berufe – und Berufungen – haben zum Endprodukt beigetragen. Der Rohbau, das Skelett des Gebäudes, gibt Struktur und Funktionalität. Die Installation ist daher für mich persönlich eine Reminiszenz an diese für mich epochemachende Bauzeit und eben an das für uns alle nun für immer Verborgene. Gleichzeitig habe ich mich paradoxerweise mit der Auswahl dieser Installation vielleicht doch zum ersten Mal in meinem Leben konkreter und tiefer mit Ästhetik auseinandergesetzt. Ich habe mir mein Büro mit etwas Schönem geschmückt – eine Hommage an den verborgenen Rohbau.

Was für Kunst haben Sie sich ursprünglich gewünscht, ausleihen zu können, und warum?

Ich ging sehr offen zur Kunstsammlung. Ich stellte mir in erster Linie für mich greifbare Kunst vor, nicht etwas sehr Abstraktes. Ein Bild sollte es sein. Ich erhoffte mir Kunst, die zu meiner Funktion als Schulhauswart irgendwie passt. Ganz vereinfacht schwebte mir ein Bild eines Besens vor. So erlebte ich früher meine eigenen Abwarte auf dem Pausenplatz.

Was bedeutet Ihnen das ausgewählte Werk in Ihrem Arbeitsalltag?

Es bietet immer wieder einen gedanklichen Rückblick an die Bauzeit und eben an all das, was man heute nicht mehr sieht. Ich tauche bei vielen technischen Mängeln immer wieder in das für alle Verborgene ein, damit das Licht wieder brennt, Wasser fliesst und es im Lebensraum unserer Schule immer schön warm ist. 

Welche Art von Kunst können Sie sich keinesfalls in Ihrem Büro respektive Arbeitsumfeld vorstellen?

Ich bin offen. Ich versuche, mich im Leben möglichst von Vorurteilen fernzuhalten. Diese Installation hat mich sofort begeistert. Ich glaube, diese Haltung hat mich mit dieser Installation auch zu einer persönlichen Entwicklung geführt. Mit abstrakter Kunst hätte ich mich wohl weniger auseinandergesetzt. Ich hätte einfach ein Bild, einen Wandfüller, etwas «Oberflächliches» gewählt.

Wie beeinflusst das ausgewählte Werk das Arbeitsklima?

Aufgrund meiner Haltung der offenen Tür begrüsse ich täglich verschiedene Menschen in meinem Büro: vom Handwerker zu Berufskolleg*innen, die Lehrpersonen und oft eben auch Schüler*innen. Nicht immer wird die Installation beim ersten Mal bemerkt. Man schaut ja normalerweise nicht zur oberen Raumecke hoch, der Gesprächsperson am Gesicht vorbei. Die Installation wird dennoch oftmals beachtet, löst Fragen aus und lockert gar zum Beispiel mit regelverstossenden Schüler*innen beim Wiedergutmachungsgespräch die schwierigen Gesprächsinhalte auf. Aber auch den sehr ehrlichen Kommentar eines Mitarbeiters ertrage ich: «Jetzt weiss ich, wo meine Steuerfranken hingehen.» In diesem Fall löste die Installation halt eine kurze, gesellschaftspolitisch interessante Diskussion aus. Ich empfinde das Werk auf jeden Fall als eine zweckmässige, kleine Investition in die Öffentlichkeit. Es trägt zu einer positiven Büro-Atmosphäre bei. Es ist nicht einfach Kunst, es ist etwas Greifbares, löst nicht nur bei mir, sondern auch bei meinen Bürogästen positive Gefühle aus. Brauchen wir dies nicht in unserer täglichen anspruchsvollen Arbeit?

Interview: Raquel Brühlmann, Fachspezialistin Kunstsammlung der Stadt Zürich, Januar 2024.

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