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Gendersensible Erziehung – Wie geht das?

Der Ansatz der gendersensiblen Erziehung beschreibt, wie mit einer reflektierten und kritischen Sichtweise hinsichtlich dem «Zwei-Geschlechter-Modell» Kinder in ihrer individuellen Entwicklung unterstützt werden können.

Symbolbild

Für eine gendersensible Erziehung gibt es verschiedene Tipps zu unterschiedlichen Erziehungsthemen im Familienalltag. Die Tipps in diesem Artikel stammen von Ravna Marin Sievers Publikation «Was wird es denn? Ein Kind! Wie geschlechtsoffene Erziehung gelingt.»

Vorbild sein

Eltern und Erwachsene, die sich mit sich selbst und ihrer Rolle auseinandersetzen, fördern aktiv die Toleranz gegenüber sich selbst und anderen Individuen. Diese «Vorbilder» sind für die Identitätsentwicklung wichtig, da Erwachsene in der Interaktion mit den Kindern Realitäten schaffen, die in die Wahrnehmung der Kinder integriert werden. Je bewusster sich die Erwachsenen ihrer eigenen Bedürfnisse, Interessen und Anliegen sind, desto besser können sie diese im Kontakt mit den Kindern erkennen und ihnen helfen, sie in den Alltag zu integrieren.

Wie werden die verschiedenen Rollen in ihrer Familie gelebt? Gibt es Dinge, die sie grundsätzlich als Aufgabe der Mutter oder des Vaters zuschreiben?

Tipps für den Familienalltag:

  •  Tauschen Sie für einmal bewusst festgelegte Rollen und dem Geschlecht zugeteilte Aufgaben. Tauschen Sie sich danach mit Ihren Kindern aus.

Körper und Emotionen:

Für die Entwicklung von Kindern ist es wichtig, dass sie ihren Körper kennen und ein positives Bild von ihm haben. Das Sprechen über und vor allem die Vielfalt der inneren und äusseren Intimorgane ist in unserer Gesellschaft teilweise immer noch mit Scham behaftet oder mit etwas «Ekligem» in Verbindung gebracht. Wenn Kinder ihren Körper ganz entdecken können und eine Sprache dafür finden, dann gehört dieser Teil zur Identität dazu. Ebenso wichtig ist es, über das Befinden und die Vielfalt von Gefühlen zu sprechen.

Tipps für den Familienalltag:

  • Bei der Pflege, bei Berührungen und beim Spielen wird dem Körper vermehrt Aufmerksamkeit geschenkt. Diese Situationen sind ideal, um die verschiedenen Körperteile zu benennen.
  • Zeigen Sie Interesse am Befinden und an den Gefühlen des Kindes. So lernt es die Vielfalt aller Gefühle kennen.

Sprache:

Ziel der gendersensiblen Sprache ist es, alle Menschen mit deren geschlechtlichen Verteilung mitzudenken und gleichwertig zu betrachten und zu benennen. Denn die Art und Weise, wie wir Erwachsene mit Kindern sprechen, prägt ihre Wahrnehmung und damit ihre Identität.

Wie wird das in ihrer Familie gelebt? Was stimmt für sie?

Tipps für den Familienalltag:

  • Sprechen Sie das Kind mit dem Namen an oder fragen Sie es, wie es selbst gerne genannt werden möchte.
  • Wenn Sie von anderen Familien reden, können Sie neutrale Bezeichnungen wie z.B. Kind, Elternteil oder Betreuungsperson verwenden.
  • Nehmen Sie Ihr Kind als Individuum mit eigenen Bedürfnissen und Interessen wahr und sprechen Sie in einer liebevollen Art und Weise davon, was Sie bei ihm sehen.

Umfeld:

Ein geschlechtsoffenes Umfeld verfolgt das Prinzip: Gefühle, Verhaltensweisen, Spielsachen, Kleidung und Farben sind für alle da.

Die Gestaltung dieses Umfeldes hängt zu einem grossen Teil von der Reflexionsfähigkeit und den Kompetenzen der betreuenden, begleitenden und erziehenden Personen ab.

Tipps für den Familienalltag:

  • Bewegen Sie sich als Familie in unterschiedlichen sozialen Umgebungen (z.B. Patchworkfamilien, Regenbogenfamilien, alleinerziehende Familien usw.). Sprechen Sie darüber.
  • Versuchen Sie, Stereotype bei sich selbst und im sozialen Umfeld zu erkennen und mit den beteiligten Erwachsenen und Kindern darüber zu sprechen.

Umgang mit Medien

In den Medien unserer Gesellschaft sehen wir vor allem Stereotypen von Familien und der dazugehörigen Personen und nicht die tatsächliche Vielfalt. Dies spiegelt sich auch in Medien wie Filmen, Kinderartikeln und Kinderbüchern wider. Wenn Sie alle Kinderbücher hervornehmen und nach weiblichen, männlichen und geschlechtlich unbestimmten Hauptfiguren sortieren, dann sehen Sie beispielsweise, wie vielfältig die Kinderbibliothek ist.

Tipps für den Familienalltag:

  • Vor allem bei jüngeren Kindern eine Vorauswahl der Medien treffen.
  • Medienkonsum kritisch begleiten.
  • Zugang zu altersgerechten und vielfältigen Medien mit vielfältigen Geschlechterrollen schaffen.
  • eine gute Auswahl an diversen Kinderbüchern finden sie auch hier.

Umgang mit Spiel(-zeug)

Beim Spielen erwerben Kinder vielfältige Kompetenzen . Wenn sie altersgerecht und geschlechtsoffen in die Aufgaben der Familie und des Umfeldes einbezogen werden, dann lernen sie, diese Kompetenzen gemäss ihren Interessen zu entwickeln. Kinder brauchen für das Spiel eine vielfältige Auswahl an Spielsachen und Personen, um ihren Interessen entsprechend und mit vielfältigen Personen spielen zu können.

Tipps für den Familienalltag:

  • Ermöglichen Sie vielfältige Spielmöglichkeiten und Kontakte zu unterschiedlichen Menschen. Besuchen sie eine Ludothek in Ihrem Quartier.
  • Spielinteressen der Kinder geschlechtsoffen einbeziehen.

Umgang mit Kleidung und äusserer Erscheinung

Kinder im Vorschulalter entwickeln mit zunehmendem Alter das Bedürfnis, ihre Kleidung nach persönlichen Vorlieben auszuwählen. Dazu gehören beispielsweise Lieblingskleidungsstücke mit bestimmten Farben, Mustern und Formen.

Tipps für den Familienalltag:

  • Die eigene geschlechtliche Prägung und den daraus resultierenden Kleidungsgeschmack für das Kind zurückstellen.
  • Passform, Funktion und Gefallen aus Sicht des Kindes auswählen.
  • Das Kind ausprobieren lassen. Lange oder kurze Haare, Nagellack oder Schmuck so tragen lassen, wie es dem Kind gefällt.
  • Kleinkindern eine Vielfalt an Kleidern zur Verfügung stellen.

In der Broschüre «Mädchen oder Junge – spielt das eine Rolle?» finden Sie weitere Informationen zum Thema.

 

Quellen

Katia Simon (2021). Frühpädagogische Konzepte praktisch umgesetzt. Gendersensible Erziehung und Bildung für die Kita. Cornelsen.

Ravna Marin Siever (2022). Was wird es denn? Ein Kind! Wie geschlechtsoffene Erziehung gelingt. Beltz.

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