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Die Trotzphase in anderen Kulturen

Grundsätzlich mögen wir bei der Mütter- und Väterberatung keine Vergleiche in der kindlichen Entwicklung und auch nicht in der Erziehung. Jede Familie und jede Kultur lebt anders. Trotzdem hat es uns interessiert, was an der Aussage "in anderen Kulturen gibt es keine Trotzphase" dran ist. Warum nicht? Was machen sie denn so anders?

Es gibt Studien, die behaupten, dass wir unsere Kinder von Geburt an viel zu sehr belobhudeln – Babys werden von Beginn an in den Mittelpunkt gestellt. Wenn dann das Kind in der Autonomiephase mobiler wird, stosse es in unserer westlichen, materialistischen Welt an. Vermehrt komme es zu Frustrationsmomenten, weil sie ständig ein "Nein" hören – "pass auf", "lass das", "Achtung gefährlich", "das darfst du nicht". Die Euphorie, an die es sich gewöhnt hat, bleibt plötzlich aus und so buhlen die Kinder um Aufmerksamkeit, werfen sich auf den Boden und schreien, wenn sie irgendetwas nicht bekommen.

Diese Euphorie, das Baby in seinem Tun und seiner Entwicklung zu bestärken, unterscheidet uns von vielen Kulturen. Durch unsere starke "Ich-Bezogenheit" können Kinder soziale Kompetenzen verlieren.

Wenn Kinder sich bei uns malen, füllen sie normalerweise das ganze Blatt. Kinder in kamerunischen Dörfern malen sich hingegen winzig klein. Die Kinder sehen sich als Teil eines sozialen Gefüges. Dies unterstreicht auch der Spruch "Ich bin, weil wir sind", der in der afrikanischen Ubuntu-Kultur gelebt wird. In diesen Kulturen ist es üblich, dass Babys von älteren Geschwistern mitgenommen werden, die ihren Alltag in Kindergruppen mit Spielen und Zuarbeit zu Haushaltsaufgaben verbringen. Sie freuen sich mit ihnen über neu erlernte Fähigkeiten, sie nutzen Euphorie jedoch nicht als Instrument, um ein bestimmtes Verhalten zu verstärken. Sie wachsen in einem Umfeld auf, wo Lärm, Unordnung und Schmutz viel weniger stört und die Natur lässt sich mit viel weniger Einschränkungen entdecken.

Die Trotzphase sei ein westliches Phänomen

Die Trotzphase gebe es nur im Westen - das ist harte Kost, denn genau in dieser Phase kommen viele Eltern zu uns in eine Erziehungsberatung. Warum überhaupt dieser Aufstand? Es ist doch gut, wenn ein Kind seine Bedürfnisse zeigt und Eltern und Bezugspersonen entsprechend darauf reagieren. Es scheint, als fühlen sich Eltern bei uns zu stark in der Pflicht, jedes kleinste Bedürfnis des Säuglings zu erfüllen, meint die Professorin für Psychologie, Heidi Keller. Dies führe leicht zu Überforderung und gestresste Eltern sind keine guten Wegbegleiter. Dieses Phänomen sehen wir in unseren Beratungen auch. Die Eltern wirken oft total erschöpft und stellen ihre eigenen Bedürfnisse völlig nach hinten. Sie sind verunsichert durch die vielen Tipps und Erziehungsratgeber sowie die vermeintlich perfekten Social-Media-Eltern.

Wir schulen die Eltern dabei, die Bedürfnisse des Kindes wahrzunehmen und zu unterstützen. Wir sind nämlich davon überzeugt, dass man Kinder auch in unserer Kultur zu sozial kompetenten Menschen erziehen kann, – auch wenn die beziehungsorientierte Erziehung stark auf das Individuum eingeht.

Wichtig dabei ist, sich als Eltern selbst nicht zu vernachlässigen und seine eigenen Bedürfnisse zu erkennen.

Wenn ein Kind besonders stark trotzt, empfehlen wir genau diesem Kind eine enorm wichtige Aufgabe innerhalb der Familie zu geben. Das Kind will gesehen werden und mit einer solchen Aufgabe trägt es zum Wohl der Familiengemeinschaft bei. Dabei fühlt es sich gebraucht und geliebt. Und zu guter Letzt: Der Wald ist ein idealer Ort wo sich die Natur mit viel weniger Einschränkungen entdecken lässt.

Ihre Mütter- und Väterberatung der Stadt Zürich

 

 

Quelle: Link zum gesamten Inhalt des Interviews www.brandeins.de Interview mit Heidi Keller Professorin für Psychologie

Quelle: Kinderflüsterin von www.lebenistgemeinschaft.de Saskia Mutter/Lehrerin/Seminarleiterin.

Wer sich noch mehr mit dem Thema belesen will. Buchtipp: Auf der Suche nach dem verlorenen Glück von Jean Liedloff

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