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Einkaufstourismus

Interview mit Martin Sturzenegger, Direktor Zürich Tourismus

Mit Martin Sturzenegger sprach Ariane Früh.

Martin Sturzenegger ist Direktor von Zürich Tourismus (Quelle: M. Sturzenegger).

Welches sind die wichtigsten Trends und Herausforderungen in Bezug auf den Einkaufstourismus in Zürich?

Es gibt in Zürich keinen Einkaufstourismus per se, wie dies in Menziken oder Landquart der Fall ist. Die Schweiz ist ein sehr teures Land und man kommt in den wenigsten Fällen zum Einkaufen in die Schweiz. Aber im Tourismus spielt das Einkaufen eine tragende Rolle. Jeder Tourist, der in die Stadt kommt, kauft auch ein. Es ist eine Symbiose. Aber nach Zürich kommen die Touristen primär wegen dem kulturellen Angebot oder einem spezifischen Event. Der Anlass der Reise ist eigentlich selten das Einkaufen. Aus diesem Grund sind die Herausforderungen im Handel an sich zu suchen und nicht im Einkaufstourismus. Für den Tourismus ist es wichtig, wie der Handel strukturiert ist und, dass es ein interessantes Angebot gibt. Letzteres ist in Zürich sehr gut. Die Herausforderung besteht darin, die Geschäfte am Leben zu erhalten und den Detailhandel zu beleben. Die Schwierigkeiten sind der starke Franken und die hiesigen Bedingungen. Das Geschäft betreibt man in Zürich, und das kostet hier mehr als anderswo. Auch die Digitalisierung spielt im Einkaufstourismus eine gewisse Rolle. Ich würde diese aber als untergeordnet betrachten. Touristen lassen sich in den Geschäften vor Ort inspirieren und kaufen das Produkt. Dadurch ist der Tourismus auch für den Handel wichtig.

Welche Bedürfnisse von Touristinnen und Touristen im Bereich Retail werden zukünftig an Bedeutung gewinnen oder sich neu entwickeln?

Immer wichtiger ist das Erlebnis als Ganzes. Das gilt sowohl für Touristen als auch für Einheimische. Es steht sicherlich im Zentrum bei den Bedürfnissen. Jelmoli und Globus etwa setzen auf das richtige Konzept durch die Schaffung einer ganzen Shopping-Welt, die ein Erlebnis darstellt. Da Shopping je länger je mehr eine wichtige Rolle bei der Freizeitbeschäftigung spielt, muss das gesamte Erlebnis stimmen. Es braucht ein umfassendes Angebot an Beratung, Shopping und Gastronomie. Man muss verweilen können, sich inspirieren lassen. Zudem wird es immer mehr Hybride geben zwischen Inspiration, Beratung und Kaufen. Das heisst, man bewegt sich fort vom klassischen Einkaufen, bei dem man 3-4 Produkte zur Auswahl hat und dann eines davon kauft. Beim hybriden Einkaufen schaut man sich das Produkt einerseits im Laden an, aber auch online und lässt sich auf beiden Kanälen inspirieren bevor man es kauft. Auch Touristen werden in Zukunft vermehrt hybrid einkaufen

Wo kaufen Touristinnen und Touristen in Zukunft in Zürich ein?

Zürich ist eigentlich bereits heute das perfekte Shopping-Center. Die Stadt ist übersichtlich, kompakt, alles ist nahe beieinander und, im Unterschied zu den grossen Malls, ist das Angebot authentisch und unglaublich vielseitig. Für junge hippe Touristen werden die Läden in den Viaduktbögen an Bedeutung gewinnen. Das ist ein zukünftiges Magnet, das wir vermarkten können. Auch die Europaallee gehört dazu. Touristen bewegen sich immer in Strömen und dadurch kommen Läden, die abseits der Ströme liegen, gar nicht auf ihren den Radar. Hier bietet die Digitalisierung eine grosse Chance. Zum Beispiel würde sich eine App anbieten, die über Läden informiert, die abseits der Ströme gelegen sind. Eine zweite Chance sehe ich in der besseren Verwaltung von Inventaren: Wenn der Kunde etwas online sieht, dann muss er sich damit abfinden, dass er das Produkt nicht sofort haben kann. Wenn er sich auf einer App anzeigen lassen könnte, in welchem Laden das Produkt sofort verfügbar ist, wäre das eine grosse Chance für den stationären Handel.

Welches sind die Auswirkungen des Wandels im Handel auf den Städtetourismus in Zürich?

Für den Tourismus sind kleinräumige Veränderungen im Detailhandel, wie sie heute stattfinden, nicht relevant. Touristen nutzen das vorhandene Angebot. Aber dieses muss gut sein und es darf nicht ausdünnen. Also leere Ladenlokale wirken abschreckend für den Tourismus.

Wie beurteilen Sie die gegenwärtigen Rahmenbedingungen der Stadt Zürich?

Ich würde die gegenwärtigen Rahmenbedingungen als gut bezeichnen. Die Touristen kommen, kaufen ein und fühlen sich wohl. Die Europaallee ist daran sich zu entwickeln und wird sicherlich auch für den Tourismus gut funktionieren. Ich glaube nicht, dass die Stadt in dieser Hinsicht noch viel bewirken kann. Es läuft vieles, es gehen neue Läden mit innovativen Ladenkonzepten auf und es ist eine gewisse Dynamik zu beobachten. Das zeigt, dass die Rahmenbedingungen sehr gut sind.

Welche Rahmenbedingungen wären zukünftig notwendig und wünschenswert?

Aus Sicht der Touristen ist eher schwer verständlich ist, dass sonntags die Läden in Zürich nicht geöffnet haben. In den meisten Ländern gehört Shopping zu den Hauptfreizeitbeschäftigungen. Da ist es unverständlich, dass man an einem freien Tag nicht shoppen kann. Ich bin davon überzeugt, dass ein Sonntagsverkauf den Detailhandel in der Stadt stark beleben würde. Eine Belebung der Löwenstrasse ist sicherlich eine weitere wünschenswerte Entwicklung. Die Strasse muss leben, die Leute müssen gerne dorthin gehen und es muss ein attraktives Angebot geben. Abschliessend ist es wichtig festzuhalten, dass der Tourismus die lokalen Käuferinnen und Käufer nicht kompensieren wird. Es wird hart bleiben für den Retail in der Stadt Zürich. Das Angebot in den Läden muss auch für Zürcherinnen und Zürcher attraktiv sein.

  

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