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Vaterrollen im Wandel

Bis in die 1960er Jahre übernahmen Väter überwiegend die Verantwortung für die Existenzsicherung der Familie. Durch vermehrte Kritik und dem zunehmenden Bedürfnis der Väter, emotional für die Kinder Verantwortung zu übernehmen und eine eigenständige, integrierende Rolle in der Familie zu übernehmen, hat sich das Rollenselbstverständnis der Väter über die Jahre verändert.

Loving father embracing his cute baby son

In den 1960er Jahren wollten viele Väter nicht wie ihre Vorgänger abwesend, autoritär und ausführend sein. Diese materiell- existenzsichernde Rolle wurde teilweise durch die kritische Auseinandersetzung von anderen Selbstverständnissen abgelöst. Beispielsweise zeigte sich ein gesteigertes und vielfältigeres Engagement von Vätern in Bezug auf die emotionale Vater-Kind-Beziehung, eine stärkere Familienorientierung und ein gleichberechtigtes Verständnis der Partner- und Elternschaft.

Die neue Rolle von Vätern als emotionale Bindungs- und Betreuungsperson wurde durch die Forderungen der Frauenbewegungen nach Gleichberechtigung und durch die gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Bedürfnisse der Familien zu dieser Zeit gefördert (vgl. Stamm 2018).

Das Forscherteam des Frankfurters Institut für Sozialforschung hat den Wandel der Vaterrolle und dessen Wirkung auf das Familiensystem untersucht und hat folgende 6 Väterrollen festgestellt (vgl. Bambey/Gumbinger 2006):

  1. Der egalitäre Vater
    Hohe emotionale, kommunikative und reflexive Kompetenzen, Ablehnung traditioneller Vaterrolle, partnerschaftlich, dem Kind zugewandt
  2. Der fassadenhafte Vater
    Diffuse und idealisierte Vaterrolle, überlässt die Erziehung dem anderen Elternteil, Überforderung hinsichtlich Erziehungsfragen und Herausforderungen im Familienalltag
  3.  Der traditionell-distanzierte Vater
    Übernimmt die materiell-existenzsichernde Rolle, distanziert sich von familiären Entscheidungen bzw. überlässt diese dem anderen Elternteil
  4. Der unsichere-gereizte Vater
    In der Vaterrolle stark verunsichert, reagiert gereizt und ungeduldig auf die Bedürfnisse des Kindes, überlässt die primäre Betreuung dem anderen Elternteil
  5. Der randständige Vater
    Distanzierung von der traditionellen und individuellen Vaterrolle und somit vom Familiensystem
  6. Der partnerschaftlich-traditionelle Vater
    Hohes innerfamiliäres und partnerschaftliches Engagement, erziehend, tendenziell traditionelles Rollenverständnis

Die Befragungsergebnisse weisen zudem darauf hin, dass sich das Selbstverständnis der Väter in der Praxis nicht immer konsequent zeigt. Als Grund wird die Prägung der geschlechtsspezifischen Rollen genannt, welche sich nicht gänzlich abstreifen lässt. Beispielsweise sahen sich Väter gemäss ihren Idealen als gleichberechtigten Elternteil und übernahmen zugleich weniger emotionale Aufgaben in der Familie (vgl. Bambey/Gumbinger 2006: 1-6).

Quellen:

  • Juul Jesper. Mann und Vater sein. Verlag Herder, 2022.
  • Stamm Margrit. Neue Väter brauchen Neue Mütter. Warum Familie nur gemeinsam gelingt. Piper Verlag, 2018.
  • Bambey Andrea/ Gumbinger Hans-Walter. Neue Väter – andere Kinder?. Forschung Frankfurt, 2006.

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