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Interview mit Katharina Schlittler

Interview mit Katharina Schlittler von Voi zum Thema Sicher mit dem E-Trottinett unterwegs

Bild: Voi, Katharina Schlittler
Bild: Voi, Katharina Schlittler

Katharina Schlittler, Sie sind bei Voi Geschäftsführerin und verantwortlich für die Schweiz und Österreich. Wie ordnen Sie das E-Trottinett in das Verkehrssystem ein?
Unsere Nutzungsdaten zeigen, dass die Trottis heute vor allem für die täglichen Wege in Ergänzung zum ÖV genutzt werden. Überwogen früher die Wochenend-Fahrten, finden heute 70 Prozent aller Fahrten unter der Woche statt – der Grossteil im Pendelverkehr. Die Durchschnittsstrecke auf einem Scooter ist im Mittel 1,7 Kilometer lang, also die viel zitierte letzte Meile. Wir sehen also, dass E-Trottinetts ihren Platz im Mobilitätsmix gefunden haben: als wichtige Ergänzung zu Bus und Bahn.

Wer nutzt die E-Trottinett vor allem und für welchen Zweck?
Wir führen jedes Jahr eine globale Umfrage unter Voi-Nutzer*innen durch und kennen die Bedürfnisse unserer Kund*innen daher ziemlich genau. Zunächst zur Persona: Wir stellen immer wieder fest, dass es «DEN typischen Voi-Nutzer» gar nicht gibt. Das Nutzerprofil wird insofern immer diverser, dass immer mehr Frauen und auch immer ältere Personengruppen die Vorteile des Trotti-Fahrens erkennen. Allein in meiner Heimatstadt Zürich war rechnerisch schon knapp jede*r 8. Zürcher*in mindestens einmal auf einem Voi-Trotti unterwegs. Diese Vielfalt zeigt sich auch in der täglichen Nutzung. Denn ein Trottinett ist ein Verkehrsmittel der täglichen Wege: 45 Prozent nutzen es bevorzugt, um zur Arbeit oder zur Schule zu kommen. 15 Prozent geben an, mit dem E-Trotti Einkäufe zu erledigen. Wir haben unsere Fahrzeuge zu diesem Zweck mit einem robusten Haken versehen, an dem Einkaufstaschen bequem transportiert werden können. Besonders freut uns aber die hervorragende Integration in die bestehenden Strukturen: 73 Prozent der Schweizerinnen und Schweizer geben an, dass sie unsere Trottis in Kombination mit dem ÖV nutzen. Das ist in unserer Umfrage europäischer Bestwert.

Was sind die Vorteile gegenüber anderen Verkehrsmitteln?
Geteilte Mikromobilität ist vor allem durch die ständige Verfügbarkeit der Fahrzeuge attraktiv. Wir möchten kurze innerstädtische Autofahrten durch flexible Alternativangebote redundant machen und den ÖV stärken. Idealerweise ist der nächste Voi-Roller beim Öffnen der App daher nicht weiter als zwei bis drei Geh-Minuten entfernt.

In den Schulen sieht man die Trottinett schön aufgereiht in einem Trottinettständer? Schaffen wir, was die Kinder in den Schulen so schön gelernt haben, auch bei den Erwachsenen im öffentlichen Raum? Was macht VOI dafür?
Davon bin ich überzeugt. Wir tun bereits eine Menge, um für mehr Rücksicht im gemeinsamen öffentlichen Raum zu werben. Ein Beispiel sind die regelmässigen Fahrsicherheitstrainings in Schweizer Städten, mit denen wir das Bewusstsein für einen verantwortungsvollen Umgang mit neuer Mobilität schärfen möchten. Ein weiteres, bekanntes Beispiel ist das Parkierfoto, mit dem Nutzer*innen bei jedem Abstellen nachweisen müssen, dass sie sich an die geltenden Regeln halten. Daneben versenden wir immer wieder Erinnerungen über die App, verwarnen Nutzer*innen und sanktionieren Regelverstösse sehr hart. Ich muss aber auch sagen: Parkieren ist insbesondere eine Frage der vorhandenen Infrastruktur. Steht genügend Raum zur Verfügung, lösen sich latente Probleme meist von alleine. Wir sehen, dass sich die Wahrnehmung von Mikromobilität in Städten wie Stockholm, in denen ausreichend Parkierflächen vorhanden sind, deutlich verbessert hat. Auch in Zürich haben in der Vergangenheit zusätzliche Parkierflächen für mehr Ordnung sorgen können.

Und wenn wir schon bei den vorbildlichen Kindern sind, die haben auf dem Trottinett immer einen Helm auf. Gilt das für die Erwachsenen nicht?
Zunächst einmal ist zu sagen, dass unsere Trottis erst benutzt werden dürfen, sobald das 18. Lebensjahr erreicht ist. Kinder dürfen unsere Fahrzeuge daher nicht fahren. Abgesehen davon bin ich bei Ihnen: Helme können bei einem Sturz oder Unfall Schlimmeres verhindern. Deshalb rufen wir unsere Nutzer*innen bei jeder Gelegenheit dazu auf, möglichst mit Helm zu fahren - ungeachtet dessen, dass die Helmpflicht 2021 vom Bundesrat abgelehnt wurde. Um Anreize für das Helmtragen zu schaffen, haben wir das Helmselfie ins Leben gerufen. Wer in der App ein Foto mit getragenem Helm von sich macht, erhält Rabatte für die nächste Fahrt. Auch ich persönlich bin nur noch mit Helm unterwegs.

An die E-Trottinetts auf den Strassen haben sich viele noch nicht gewöhnt und wissen auch nicht, dass diese die Veloinfrastruktur nutzen MÜSSEN. Können Sie uns allen eine Basic-Schulung fürs Fahren mit dem E-Trottinett geben?
Sehr gerne. Im Kern ist es recht simpel: Gefahren werden darf auf dem Velostreifen und auf der Strasse. Gemieden werden muss das Trottoir. Eigentlich genau wie beim Velo. Ansonsten gilt, was für jedes andere Verkehrsmittel gilt: Rücksicht nehmen und vorsichtig fahren. Was das Parkieren angeht, sollte die*der Nutzer*in vor Abfahrt kurz prüfen, wo am Zielort eine ausgewiesene Parkierfläche vorhanden ist. In Slow-Speed-Zones werden die Fahrzeuge automatisch auf Schrittgeschwindigkeit heruntergeregelt. In No-Riding-Zones wie Fussgängerzonen darf gar nicht gefahren werden.

In Paris wird das Sharingangebot für E-Trottinett aus dem öffentlichen Raum entfernt. Warum soll das Zürich nicht machen?
Voi war nicht als Anbieter in Paris aktiv, insofern können wir das Ergebnis nur «aus der Ferne» kommentieren. Das Ergebnis in Paris steht im Kontrast zu den Erfahrungen, die wir als langjähriger Anbieter europaweit, in der Schweiz und ganz spezifisch in Zürich gemacht haben. Wir erleben in aller Regel grosse Rücksichtnahme und einen geordneten Betrieb. Besser integrierte Mobilitätshubs, verbesserte Infrastrukturlösungen und klare Regeln tragen ihren Teil zu diesem positiven Wandel bei. Bei Voi erwarten wir daher ganz im Gegenteil, dass die für die kommenden Jahre angekündigten Ausschreibungsverfahren die Mikromobilität in Europa besser ordnen und damit stärken werden. Wien ist die erste europäische Grossstadt, die diesen Weg beschreitet. Weitere werden dem Beispiel folgen. Wir sollten daher aufhören, wehmütig nach Paris zu schauen, sondern anfangen, uns die Positivbeispiele anzuschauen. Oslo zum Beispiel. Die Einwohner*innen der Hafenstadt haben in der Frühphase lange mit der neuen Mobilitätsform gehadert. In enger Zusammenarbeit mit der Stadt ist es in Oslo aber gelungen, für mehr Ordnung auf den Strassen zu sorgen und E-Trottis zum unverzichtbaren Bestandteil im Mobilitätsmix zu machen. 

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