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Landwirtschaft, Natur und Umwelt

Zur Zeit der ersten Eingemeindung von 1893 war der ländliche und landwirtschaftliche Charakter der Stadt Zürich und der eingemeindeten Nachbarorte natürlich sehr viel stärker spürbar als heute. Historische Fotografien zeigen ausgedehnte Wiesen, Obstgärten und Weinberge, insbesondere in den Aussenquartieren. Das ändert sich mit der fortschreitenden Urbanisierung: Die Landwirtschaftsfläche ging laufend zurück und beträgt heute noch rund 940 Hektaren.

Um 1875, Riesbach im Hintergrund die Altstadt
Um 1875, Riesbach im Hintergrund die Altstadt

Bodennutzung früher und heute

Anstelle der landwirtschaftlich genutzten Flächen hat sich die Siedlungsfläche der Stadt Zürich vergrössert. Die Grafik unten mit dem Vergleich der Flächenanteile auf Stadtgebiet zwischen 1936 und 2017 zeigt diese Entwicklung gut auf: Während die Wald- und Gewässerflächen so gut wie konstant geblieben sind, hat sich die Siedlungsfläche um gut 80 Prozent vergrössert und macht heute rund 60 Prozent des Stadtgebiets aus. Die Landwirtschaftsfläche war 1936 noch grösser als die Siedlungsfläche. Seither ist sie um fast drei Viertel zurückgegangen.

Die Natur ist aber deswegen nicht aus der Stadt verschwunden. Im Gegenteil. Zürich ist mit seinen Grünflächen, Parks, Friedhöfen, Wäldern und Landwirtschaftsflächen eine aussergewöhnlich vielfältige Biosphäre für Pflanzen und Tiere.

Grünflächen und Pärke

Die zahlreichen Grünflächen und Parkanlagen machen Zürich zu einer grünen Stadt. Ihre Geschichte als gestaltete Natur im Stadtraum beginnt bereits vor der ersten Eingemeindung. Heutige Pärke wie der Beckenhof oder das Muraltengut gehen auf die herrschaftlichen Landgüter betuchter Stadtbürger zurück, die im 18. Jahrhundert entstanden sind. Auch Parkanlagen wie der Rieterpark oder der Patumbah-Park haben ihren Ursprung in privaten Gartenanlagen.

Enger mit der ersten Eingemeindung verbunden sind die Quaianlagen. Im Jahr 1887 eingeweiht, sind sie als Gemeinschaftswerk der damaligen Gemeinden Zürich, Riesbach und Enge gewissermassen eine Vorwegnahme der Zusammenarbeit der Gemeinden ab 1893 und die Grundlage für Zürichs Schritt von einer Kleinstadt am Fluss zur aufstrebenden Stadt am See. Die Bäckeranlage wurde 1900 als Reaktion auf die starke bauliche Verdichtung von Aussersihl realisiert und sollte Licht, Luft und Sonne ins Arbeiterquartier bringen. 1922 kam mit der Josefswiese auch eine Grünanlage ins Industriequartier.

In neuerer Zeit wurden insbesondere in Zürich-Nord gartenarchitektonische Akzente gesetzt. Der Oerliker-Park, der MFO-Park, der Louis-Häfliger-Park und der Wahlenpark schreiben die Geschichte der Zürcher Grünanlagen weiter. Der Park Pfingstweid und der Quartierpark Schütze-Areal in Zürich-West gehören zu den neusten Park-Projekten der Stadt Zürich.

Eine gute Übersicht über die Entwicklung der Zürcher Grünanlagen und einen spannenden Streifzug durch die Geschichte der städtischen Pärke bietet die Portrait-Sammlung «12 Gärten – Historische Anlagen in Zürich» von Grün Stadt Zürich.

Um 1875, Bauschänzli und Stadthausanlagen mit altem Stadthaus
Um 1875, Bauschänzli und Stadthausanlagen mit altem Stadthaus

Friedhöfe

Eine spezielle Kategorie der Grünflächen sind die Friedhöfe. Insgesamt 25 an der Zahl, werden 19 von ihnen von der Stadt Zürich betreut. Auch ihre Geschichte ist mit den Eingemeindungen verknüpft: Friedhöfe wie in Altstetten oder Oerlikon sind klassische Dorffriedhöfe, die im Zuge der zweiten Eingemeindung von 1934 zur Stadt Zürich kamen. Der Friedhof Sihlfeld geht in seiner heutigen Form weitgehend auf die erste Eingemeindung zurück: Ein erster Teil des damaligen «Centralfriedhofs» wurde zwar bereits 1877 erstellt und 1892 um die südliche Hälfte ergänzt, in die auch das bereits 1889 eingeweihte, erste Krematorium der Schweiz eingebettet wurde. In den Jahren nach der ersten Eingemeindung wurde der Friedhof Wiedikon in den Friedhof Sihlfeld integriert (1896) und der Friedhof Aussersihl – die heutige Fritschiwiese – aufgehoben (1897).

Friedhöfe sind in erster Linie Orte der Ruhe, der Besinnung und des Abschieds. Es sind aber auch wunderschöne Parkanlagen mit teilweise sehr alten Baumbeständen, die zum Spazieren und Verweilen einladen.

Landwirtschaft

Trotz fortschreitender Urbanisierung und Verdichtung der Stadt nach innen: Es gibt sie noch, die Landwirtschaft in der Stadt Zürich. Rund neun Prozent der Stadtfläche werden landwirtschaftlich genutzt (810 Hektaren), über die Hälfte davon wird biologisch bewirtschaftet. In der Stadt Zürich gibt es 37 Landwirtschaftsbetriebe, zehn davon sind in städtischem Besitz und einer, der Gutsbetrieb Juchhof, wird von der Stadt selbst betrieben.

1889, ehemaliger Landwirtschaftsbetrieb an der Beethovenstrasse in der Enge
1889, ehemaliger Landwirtschaftsbetrieb an der Beethovenstrasse in der Enge

Auch heute wird von den Stadtzürcher Landwirtschaftsbetrieben noch ein breites Spektrum an Nutzpflanzen angebaut, von Getreide (151 Hektaren) über Kartoffeln (2 Hektaren) und Rüben (12 Hektaren) bis zu Raps (31 Hektaren), Sonnenblumen (0.9 Hektaren) und Reben (24 Hektaren) (Angaben 2015).

Rebbau in Zürich

1898, Rebhänge am Hönggerberg

Ein Beispiel für die wechselvolle Geschichte der Landwirtschaft in der Stadt Zürich ist der Rebbau: Bis Ende des 19. Jahrhunderts waren weite Teile von Riesbach, des Zürichbergs, des Käferbergs und des Hönggerbergs mit Reben bestockt. Alte Fotografien zeigen ausgedehnte Weingärten an den Stadtzürcher Südhanglagen. Auch am sogenannten Zürichbergrain unterhalb von Uni und ETH standen anfangs des 19. Jahrhunderts noch Reben. Eine Reihe von Missernten in den 1870er-Jahren, die Konkurrenz durch Weine aus dem Süden über die neu eröffnete Nord-Süd-Eisenbahnverbindung, der aus Nordamerika eingeschleppte echte und falsche Mehltau seit den 1880er-Jahren und die Reblaus-Katastrophe ab 1886 führten dazu, dass sich die Stadtzürcher Rebfläche von ursprünglich rund 400 Hektaren drastisch reduzierte. Die heutige Anbaufläche auf Stadtgebiet von noch 13 Hektaren wird unter anderem von der Stadt Zürich selbst bewirtschaftet.

Obstbäume verschwanden und kommen wieder

Obstbäume gehörten bis zur Mitte des letzten Jahrhunderts zum Zürcher Stadtbild. Im Jahr 1951 verzeichnete die Schweizerische Obstbaumzählung bei den Stadtzürcher Landwirtschaftsbetrieben noch über 44 000 Obstbäume, darunter 19 127 Apfel- und 11 843 Birnenbäume. In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts ging diese Zahl kontinuierlich zurück. Zur Jahrtausendwende standen nur noch rund 4000 Obstbäume in der Stadt.

Die Stadt Zürich initiierte in der Folge das Projekt «10 000 Obstbäume für Zürich». Grün Stadt Zürich pflanzte gezielt Obstbäume im öffentlichen Raum und unterstützte auch Private beim Schutz und der Neupflanzung von Obstbäumen. Im Herbst 2012 wurde das 10 000er Ziel erreicht. Grün Stadt Zürich setzte seine Aktivitäten für den Erhalt und die Erneuerung des Obstbaubestandes fort. Das städtische Baumkataster verzeichnet im Herbst 2018 nur schon alleine im öffentlichen Raum wieder 3995 Apfel-, 1268 Birnen-, 1166 Pflaumen- und Zwetschgen-, 831 Kirschen-, 237 Aprikosen-, Pfirsich- und Quitten- sowie 442 Walnuss-Bäume.

Kartoffeln auf dem Sechseläutenplatz

Landwirtschaft in der Stadt Zürich im Verlaufe der Zeit – da geht es jeweils nicht lange, bis die Stichworte «Kartoffeln auf dem Sechseläutenplatz» und «Anbauschlacht» fallen. Tatsächlich wurden im Rahmen der Kriegswirtschaft in den 1940er-Jahren am Bellevue Kartoffeln angebaut. Der sogenannte «Plan Wahlen» (benannt nach dem späteren Bundesrat Friedrich Traugott Wahlen, dem Initiator und Promotor des schweizweiten Anbauvorhabens) umfasste für Zürich aber noch andere, weniger oft erwähnte Massnahmen.

Kartoffeln wurden beispielsweise auch im Arboretum am Seeufer angebaut und auch Unternehmen engagierten sich, zum Beispiel die Maschinenfabrik Oerlikon mit einer eigenen Kartoffelpflanzung in Zürich-Nord. Auf dem Sechseläutenplatz wurden neben Kartoffeln auch Korn und Raps gepflanzt. (Der Raps soll einem schweren Hagelzug zum Opfer gefallen sein, so dass vom Feld auf dem Sechseläutenplatz kaum Öl gewonnen werden konnte.)  Der Stadt Zürich wurden zudem Landwirtschaftsflächen in Crans Montana im Wallis, in Oberhalbstein in Graubünden und im Drachenried bei Stans zugeteilt, um dort Lebensmittel für die Stadtzürcher Bevölkerung anzubauen. Die Landarbeiten und die Bewirtschaftung der Felder wurde von internierten Polen geleistet.

Um 1940, Rapsfeld auf dem Sechseläutenplatz
Um 1940, Rapsfeld auf dem Sechseläutenplatz

Rückläufiger Tierbestand

Der landwirtschaftliche Tierbestand in der Stadt ist insgesamt rückläufig. Bei den Pferden und Eseln als Zug- und Lasttiere dürfte der Rückgang mit der fortschreitenden Motorisierung zusammenhängen. Der Rindviehbestand nimmt parallel zum allgemeinen Rückgang der Landwirtschaft in der Stadt Zürich ab. Für das Jahr 2017 hielt die landwirtschaftliche Betriebsstrukturerhebung 660 Stück Rindvieh, 115 Schweine, 297 Schafe, 49 Ziegen und 1749 Hühner fest. In der Grafik gut zu sehen ist der Rückgang beim Rindvieh und bei den Schweinen von 2016 zu 2017 als der städtische Gutsbetrieb Juchhof auf biologische Landwirtschaft umstellte und deshalb die Rinder- und Schweinehaltung aufgab.

1910, Auffüllungsarbeit mit Pferdegespann in der Nähe des Belvoirparkes
1910, Auffüllungsarbeit mit Pferdegespann in der Nähe des Belvoirparkes

Eine Ausnahme bei der Tierhaltung sind die Honigbienen. Nachdem die Stadtzürcher Landwirtschaftsbetriebe im Jahr 2000 insgesamt nur noch 11 Bienenvölker hielten, ist ihre Zahl wieder deutlich angewachsen (2014: 156 Bienenvölker bei Landwirtschaftsbetrieben). Bienenhaltung in der Stadt erfreut sich bei Teilzeit-Imkerinnen und -Imkern einer steigenden Beliebtheit. Dazu trägt auch die Stadt Zürich bei: Auf dem Dach der VBZ-Zentralwerkstätten an der Badenerstrasse und des Tramdepots in Wollishofen, auf dem Friedhof Sihlfeld und auf dem Dach des Hauses der Industriellen Betriebe an der Beatengasse stehen Bienenstöcke, die von privaten Imkerinnen und Imkern betreut werden.

Dank der hohen Biodiversität ist die Stadt für Bienen ein gutes Pflaster, sie finden auch über Trachtlücken hinweg ein ausreichendes Nahrungsangebot an Nektar und Pollen. Die Standorte der 194 Bienenstände in der Stadt Zürich mit insgesamt vermutlich nicht ganz 1000 Bienenvölker sind im GIS-Browser des Kantons Zürichs verzeichnet. Im Frühling und Frühsommer ausgeschwärmte Bienenvölker wieder einzufangen fällt in der Stadt Zürich in den Aufgabenbereich der Feuerwehr. Schutz & Rettung Zürich fängt in der Schwarmsaison (Mai und Juni) an Spitzentagen bis zu 30 ausgeschwärmte Bienenvölker ein und verzeichnet jährlich rund 200 Bienen-Einsätze. Wie das abläuft hat Schutz & Rettung in einem Kurzfilm festgehalten.

Umwelt, Stadtnatur und Biodiversität

Herausforderungen und Fortschritte beim Umweltschutz

Ab den 1960er Jahren rückten die Umwelt und die Umweltbelastungen verstärkt in das Bewusstsein der Bevölkerung. Die Luft- und Wasserqualität insbesondere in den Städten machte einem immer grösseren Teil der Bevölkerung Sorgen. In den 1980er-Jahren erreichte die Schadstoffbelastung der Luft in Schweizer Städten sehr hohe Werte. Bei den Stickoxiden (NOx), dem Feinstaub (PM10), beim Ozon (O3) und beim Schwefeldioxid (SO2) wurden die Grenzwerte andauernd und deutlich überschritten.

Auf der Basis der landesweiten Luftreinhalte-Verordnung, die 1986 in Kraft trat, und laufend verschärfter Emissionsvorschriften für Fahrzeuge wurden in den letzten drei Jahrzehnten in der Stadt Zürich signifikante Verbesserungen bei der Luftqualität erreicht. Bei den Stickoxiden hat sich der Ausstoss zwischen 1990 und 2016 um 70 Prozent reduziert. Beim Feinstaub hat sich die Gesamtbelastung ungefähr halbiert, die Langzeitgrenzwerte werden in der Stadt nur noch punktuell überschritten.

 

Die Luft in der Stadt Zürich ist heute so sauber wie noch nie in den letzten 30 Jahren. Trotzdem bleibt die Luftverschmutzung ein Problem, es werden immer noch Grenzwerte überschritten. Luftschadstoffe führen zu gesundheitlichen Problemen bei der Bevölkerung, sie gefährden sensible Ökosysteme und damit die Biodiversität.

Ökologische Vielfalt bei Pflanzen und Tieren

Eine hohe Biodiversität ist ein zentrales Anliegen der Stadt Zürich. Die Natur soll in der Stadt ihren Platz haben, nicht nur im Wald und in der Landwirtschaft, sondern auch als Teil des Siedlungsraums. Es ist deshalb wichtig, die ökologische Vielfalt zu pflegen, bestehende Lebensräume für Pflanzen und Tiere, wie zum Beispiel Obstgärten, Waldränder oder Flussufer, zu erhalten und neue, ökologisch wertvolle Flächen, zum Beispiel begrünte Flachdächer, zu schaffen und miteinander zu vernetzen.

Die pflanzliche Vielfalt in der Stadt Zürich ist erstaunlich. Auf Stadtgebiet wachsen rund 1200 Pflanzenarten wild. Damit sind 40 Prozent der schweizerischen Artenvielfalt in der Stadt vertreten und die Stadt ist somit fast doppelt so reich an Pflanzenarten wie eine land- und forstwirtschaftlich genutzte Gegend von ähnlicher Grösse. Das Buch «Flora der Stadt Zürich» von Elias Landolt, mit Zeichnungen von Rosmarie Hirzel führt die Pflanzen in der Stadt Zürich detailliert auf und zeigt ihre Verbreitung.

Gleich vielfältig wie die Flora ist auch die Tierwelt. Rund die Hälfte aller schweizweit vorkommenden Amphibien-, Säugetier- und Vogelarten ist in der Stadt Zürich anzutreffen. Zürichs Entwicklung zur Grossstadt hatte einen massgeblichen Einfluss auf die Tierwelt in Zürich. Es entstanden neue Lebensraumtypen für Tiere, zum Beispiel die ausgedehnte trockene Schotterlandschaft der Eisenbahnanlagen oder die dicht bebauten Wohnquartiere. Zürich entwickelte sich zum Beispiel ornithologisch verstärkt zur Seglerstadt: Mauer- und Alpensegler fanden vermehrt Nistplätze an innerstädtischen Gebäuden. Auch der Hausrotschwanz, ursprünglich ein Gebirgsvogel, fühlt sich seit dem 19. Jahrhundert in den «Kunstfelsen» der Stadtlandschaft und unter Ziegeln oder auf Fenstersimsen wohl. Das Buch «Stadtfauna» von Stefan Ineinchen und Max Ruckstuhl stellt vom Milchweissen Strudelwurm (Dendrocoelum lacteum) bis zur Alpenfledermaus (Hypsugo savii) 600 Tierarten in der Stadt Zürich vor und gibt einen faszinierenden Einblick ins tierische Zürich.

2003, Grosses Glühwürmchen
2003, Grosses Glühwürmchen

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