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Willkommen, Kommission KiöR!

Ein Blick in den Züri-Plan unter dem Layer «Kunst im Stadtraum» zeigt, dass Zürich über eine Vielzahl an Kunstwerken im öffentlichen Raum verfügt. Beim Anklicken der einzelnen Standorte erkennen wir, dass es sich vornehmlich um Brunnenschmuck und Akte anmutiger, badender, sitzender oder liegender Frauenfiguren handelt. Einige Objekte haben grossen Wiedererkennungswert und sind Teil des Stadtbildes geworden. Doch wenn man versucht, unter den kreisrunden Icons Kunstwerke der jüngeren Zeit aufzudecken, wähnt man sich beim vergeblichen Rubbeln nach dem Jackpot auf Losen. 

Züriplan: K=Kunstwerke im Stadtraum.

Lange wurde das Potenzial für zeitgenössische Kunst im öffentlichen Raum Zürichs nur wenig ausgeschöpft. Die Platzierung neuerer Kunstwerke war wiederholt Anlass für heftige Debatten (so bei Jean Tinguelys «Heureka», 1967, oder Max Bills «Pavillon-Skulptur», 1983). Die medial begleiteten Kunststreitereien konnten dazu führen, dass Projekte nie verwirklicht wurden. Häufig genanntes Beispiel ist Sol LeWitts «Cube», ein Würfel mit fünf Metern Seitenlänge aus Zementsteinen, der seit 1985 am Zürichhorn hätte stehen können – heute befindet er sich im Zellweger-Park in Uster. Teil des Kapitels nicht umgesetzter Vorhaben ist auch das Nagelhaus-Projekt beim Escher-Wyss-Platz, das nach heftigem Abstimmungskampf 2010 in einer Volksabstimmung verworfen wurde.

Dynamische Entwicklung

In den letzten Jahren aber hat sich viel getan. 2004 bis 2006 wurde an der Hochschule für Gestaltung Zürich (heute Zürcher Hochschule der Künste, ZHdK) über Kunst in öffentlichen Bereichen geforscht. Das Projekt «Kunst und Öffentlichkeit Zürich» verfolgte das Ziel, Strategien im Umgang mit Kunst im öffentlichen Raum sowie die hierfür notwendigen Strukturen in der Verwaltung zu entwickeln. Mit künstlerischen Pilotprojekten, wie etwa Harun Farockis Videoarbeit «Übertragung» am Limmatplatz, traten 2007 erste Zeichen einer zeitgemässen Auseinandersetzung mit Kunst im öffentlichem Raum auf. In den folgenden Jahren konnte sich die daraus hervorgegangene Organisation KiöR mit ihrer Arbeitsgruppe (AG KiöR) durch eine Vielzahl von Projekten als Impulsgeberin für eine kulturell lebendige Stadt positionieren. Temporäre Interventionen wie auf dem Münsterhof oder in Transformationsgebieten («Art and the City», 2012), längerfristige Studien («Lokaltermin Schwamendingen», seit 2011), neue permanente Kunstwerke z. B. für die Europaallee sowie Talks und Podien führten zu einer Sensibilisierung für den öffentlichen Raum und den hier greifenden Veränderungsprozess. Doch auch durch den reflektierten Umgang mit bestehenden Werken und durch die systematische Erfassung des Bestands hat sich die KiöR Kompetenzen erarbeitet, die mit ihrem Vorbildcharakter auf andere Städte einwirkten. 

Fest ins Stadtbild integriert: Jean Tinguelys «Heureka», 1963–1964 (platziert 1967).

Zürich ist offen für zeitgenössische Kunst, sieht diese sogar als Bestandteil des Stadtlebens. Trotzdem gibt es noch heute künstlerische Projekte, die Diskussionen auslösen oder gar auf Ablehnung stossen. Denn Fakt bleibt: Zeitgenössische Kunst irritiert und polarisiert. Mit der Aufstellung eines Gremiums wie der AG KiöR aber, das weniger als kunstrichtende Instanz agierte, sondern mit Vermittlung und Dialog diese Konflikte begleitete, konnte die Stärke neuer Kunst, nämlich unsere Wahrnehmung zu schärfen, gefördert werden.

Die Dynamik im urbanen Raum bedingte nach fünfzehn Jahren zwangsläufig eine Weiterentwicklung der Organisation und Arbeitsweise der AG KiöR. Neue Fragen stellen sich und wollen erörtert werden: Wo liegen die heutigen Ansprüche an den öffentlichen Raum, und kann dieser überhaupt noch als in sich geschlossene Entität betrachtet werden? Lassen sich die in Institutionen erprobten Präsentations- und Interventionsformen der Kunst auf den öffentlichen Raum übertragen? Oder ist aufgrund des sich stark vom Kunstbetrieb unterscheidenden Kontext- und Wirkungsfeldes die Entwicklung eigener, neuartiger Gefässe erforderlich? Dies wirft ebenfalls die Frage auf, wie Kunstprojekte im öffentlichen Raum nicht nur ins städtische Gefüge eingreifen, sondern auch das Feld der Kunst prägen.

Interdisziplinäre Dialoge

Um diesen Herausforderungen gewachsen zu sein, ist die bisherige AG KiöR in ihrer Rolle gefestigt und in eine Kommission überführt worden. Nach einem zeitlich und inhaltlich intensiven Prozess hat der Stadtrat noch vor Weihnachten 2021 die Kommission KiöR ins Leben gerufen und ihre neuen Mitglieder gewählt. Die Kommission hat eine beratende sowie strategische Funktion und besteht aus einem externen Vorsitz, mindestens fünf weiteren externen Fachpersonen sowie fünf internen Mitgliedern aus den verschiedenen Dienstabteilungen, die sich mehrheitlich mit der Planung des öffentlichen Raums befassen (Tiefbauamt, Grün Stadt Zürich, Amt für Hochbauten, Amt für Städtebau, Abteilung Kultur).

Eine interdisziplinäre und integrale Ausrichtung erfordert sowohl die Anbindung an städtische Strategien im Zusammenhang mit dem öffentlichen Raum als auch an die freie Kunst und die Hochschulen. Eine Übergangsleitung berücksichtigte alle diese Aspekte bei der Neukonstituierung der Kommission KiöR. In einem mehrstufigen Prozess wurden die Expertinnen und Experten sorgfältig ausgesucht. Zudem wurde erstmalig die Vorsitzfunktion der Kommission mittels Inserat öffentlich ausgeschrieben. Die externen Einsitze sind für eine Dauer von vier Jahren vorgesehen. Insgesamt können diese Personen für maximal zwei Legislaturen (acht Jahre) gewählt werden. Neben hohen fachlichen und praktischen Kompetenzen in Kunst und Urbanismus stand eine Zusammensetzung von grösstmöglicher Diversität hinsichtlich Alter, Geschlecht und Herkunft im Vordergrund. Folgende Kommissionsmitglieder nehmen Anfang 2022 ihr Mandat auf:

Städtische Mitglieder:

  • Barbara Basting, Leitung Ressort Bildende Kunst, Abteilung Kultur
  • Yvonne Christ, Projektleiterin im Geschäftsbereich Naturförderung und Bildung, Grün Stadt Zürich
  • Jasmin Dallafior, Leitung Fachbereich Grundlagen + Strategien, Tiefbauamt
  • Karin Frei, Leitung Fachstelle Kunst und Bau, Amt für Hochbauten
  • Claudia Neun, Leiterin Stadtraum, Amt für Städtebau

Nicht-städtische Fachpersonen:

  • Mîrkan Deniz (*1990), Künstlerin
  • Hanna Hilbrandt (*1982), Urbanistin, Stadtforscherin und Assistenzprofessorin für Sozial- und Kulturgeographie an der Universität Zürich
  • Bärbel Küster (*1967), Kunsthistorikerin und Professorin an der Universität Zürich
  • Jörg Scheller (*1979), Kunstwissenschaftler, Journalist und Musiker, Professor an der Zürcher Hochschule der Künste
  • Studer / van den Berg (Monica Studer, *1960 und Christoph van den Berg, *1962), KünstlerIn

Der promovierte Kunsthistoriker, Kurator und Autor Heiko Schmid (*1978) präsidiert als Vorsitzender die Kommission.

Unter dem Auge der Öffentlichkeit

Die Konstellation der Kommission trägt dem Umstand Rechnung, dass Kunst im öffentlichen Raum aufgrund ihres dialogischen und transdisziplinären Charakters als eine über das Kunstfeld hinausgehende Methodik und Praxis zu verstehen ist. Sie setzt sich mit Themen des öffentlichen Raums auseinander, sie agiert öffentlich und steht mit der Öffentlichkeit in direkter Beziehung. Daher integriert die Zusammensetzung der externen Mitglieder neben den künstlerischen auch urbanistische, historische, soziologische, wirtschafts- und gesellschaftswissenschaftliche Blickwinkel.

Ausserdem umfassen die Interessensgebiete und Forschungsschwerpunkte der neuen Expertinnen und Experten ein breites Spektrum: den digitalen Raum, Fragen zur Herkunft, Erinnerungen und Traumata, transkulturelle Kunst, die Erweiterung des europäischen Kunstkanons und des Kunstbegriffs auf populäre Kulturen sowie die (Über-)Regulierung des öffentlichen Raums und dessen Nutzung. Diese Vielfalt ermöglicht ein inspirierendes Ineinandergreifen von Themen und Visionen für die Behandlung der Denkmal-Debatte und der bevorstehenden Aktualisierung des Leitbildes KiöR, aus dem vielleicht auch das eine oder andere vieldiskutierte zeitgenössische Kunstprojekt entsteht.

Die Fachstelle KiöR freut sich auf die künftige Zusammenarbeit und wünscht der Kommission einen produktiven Start.

Text: Sara Izzo (Leiterin Fachstelle KiöR) und Karoliina Elmer (Projektleiterin KiöR)
Foto: Cédric Eisenring/Fachstelle KiöR Stadt Zürich

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