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«GASTRÄUME 2020»: Faszinierende Impulse

Gerade in Zeiten von Corona kommt der Kunst im öffentlichen Raum eine besondere Bedeutung zu. Denn die KiöR-Werke sind immer zugänglich. Darum kann auch «Gasträume 2020 – Kunst auf Zürichs öffentlichen Plätzen» zum Glück diesen Sommer durchgeführt werden. Die Ausstellung wartet einmal mehr mit spektakulären Werken und kontroversen Interventionen im Stadtraum auf: Sand-Skulpturen und Riesen-Backenzähne, Videoprojektionen und lichtreflektierende Objekte, Vogelscheuchen und Kampfsterne sind nur einige Beispiele für die Vielfalt Kunst in der Stadt.

Seit 2010 gibt es in Zürich von Juni bis September ein Ausstellungsformat, das für die Bevölkerung temporär installierte Kunst zugänglich macht: «Gasträume – Kunst auf Zürichs öffentlichen Plätzen» heisst diese Projektreihe, die jeweils alternierend zu den kuratierten Grossausstellungen ART AND THE CITY (2012), ART ALTSTETTEN ALBISRIEDEN (2015) und NEUER NORDEN ZÜRICH (2018) stattfindet. Von der Arbeitsgruppe Kunst im öffentlichen Raum (AG KiöR) ins Leben gerufen, um der Kunstszene in Zürich zu Ausstellungsmöglichkeiten zu verhelfen, hat das bereits zum achten Mal durchgeführte Format mittlerweile einen festen Platz in der Kulturagenda der Stadt. Die von einer jeweils wechselnden Fachjury selektierten Werke fügen sich auch 2020 zu einem spannenden Kunst-Parcours in der Innenstadt und in Zürich-West. Die Jury war dieses Jahr mit Barbara Basting (Präsidialdepartement Stadt Zürich), Lionel Bovier (Mamco Genf), Ines Goldbach (Kunsthaus Baselland) und Katja Schenker (AG KiöR) besetzt. Gezeigt werden nun ab 26. Juni Werke von Ralph Bürgin, Jacobo Castellano, Aldo Mozzini, Ugo Rondinone, Corina Rüegg, Michael Sailstorfer, Estella Sokol, Una Szeemann und weiteren namhaften KünstlerInnen.

Baum aus Aluminium

Ugo Rondinone, «snow moon», 2011. Courtesy Ugo Rondinone und Galerie Eva Presenhuber, Zürich.
Ugo Rondinone, «snow moon», 2011. Courtesy Ugo Rondinone und Galerie Eva Presenhuber, Zürich.

Ugo Rondinone, der seit vielen Jahren in New York lebt, zählt zu den wichtigsten Schweizer Künstlern der Gegenwart und hat sich mit teils spektakulären Interventionen im öffentlichen Raum einen Namen gemacht. Diesen Sommer plant er, eine aus Aluminium gefertigte Baum-Skulptur auf dem Paradeplatz zu zeigen. Die Urform des mehr als 1000 Jahre alten Baums stammt aus der italienischen Region Basilikata – wie übrigens auch die Eltern des Künstlers. Der Baum wurde detailgetreu abgeformt und in Originalgrösse in Metall gegossen. Rondinones Oeuvre kreist um Themen aus der Romantik, die er leidenschaftlich präzis mit aktuellem Gehalt auflädt; so auch auf dem Paradeplatz, wo der weiss bemalte, pittoreske Baumriese unweigerlich als Menetekel des Klimawandels wirkt.

Erodierende Skulptur

Lithic Alliance (mitbegründet von Daniel V. Keller), «MO-MEN-TUM», 2020 (Visualisierung). Courtesy Lithic Alliance (mitgegründet von Daniel V. Keller) und Stiftung Binz39, Zürich.
Lithic Alliance (mitbegründet von Daniel V. Keller), «MO-MEN-TUM», 2020 (Visualisierung). Courtesy Lithic Alliance (mitgegründet von Daniel V. Keller) und Stiftung Binz39, Zürich.

Vergänglichkeit und Zeitwirkung sind ebenfalls Thema der grossräumigen Installation mit dem Titel «Mo-men-tum» von Daniel V. Keller aka Lithic Alliance auf dem Vulkanplatz. Auf diese Fläche beim Bahnhof Altstetten baut der Künstler eine Formschalung, befüllt sie mit Kiessand und lässt die so entstandene Skulptur mit klaren Konturen während der Ausstellung allmählich erodieren. Mit jedem zusätzlichen Ausstellungstag vollzieht sich der schonungslose Prozess des Werdens, Seins und Vergehens – bis am Schluss nurmehr ein diffuser Haufen von Sand und Steinen übrig bleibt.

Interaktionen mit Licht und Menschen

Corina Rüegg, «GRID», 2014/2020 (Visualisierung). Courtesy Corina Rüegg und Visarte, Zürich.
Corina Rüegg, «GRID», 2014/2020 (Visualisierung). Courtesy Corina Rüegg und Visarte, Zürich.

Die brasilianische Künstlerin Estela Sokol präsentiert auf dem Turbinenplatz eine Skulptur, die sich mit den planetaren Energiefeldern befasst. «Solzinho», so der Titel, kann mit «Sonnenbad» übersetzt werden. Formal erinnert das Objekt aus Beton an eine Mischung von Sonne und Mond und ist mit einer reflektierenden Oberfläche behandelt, die nachts die Energie der Strassenbeleuchtung aufnimmt und in den umgebenden Stadtraum zurückwirft. Auf Interaktion setzt auch die Schweizer Künstlerin Corina Rüegg, die mit einer Videoprojektion einen grosszügigen Platz bespielt, der noch bestimmt wird. «GRID» wirft, wie es der Titel sagt, ein 45 Quadratmeter grosses Netzwerk aus Licht auf den Boden – oder auf die Menschen, die sich in diesem Raum bewegen, sodass das zweidimensionale Netz eine dritte Dimension erhält.

Jacobo Castellano, «Leche ciega (fuente)», 2020. Courtesy Jacobo Castellano und Galerie Mai 36, Zürich.
Jacobo Castellano, «Leche ciega (fuente)», 2020. Courtesy Jacobo Castellano und Galerie Mai 36, Zürich.

Für «Gasträume 2020» konnten zudem in der Innenstadt zwei neue Orte für die Gasträume gefunden werden. Auf dem historischen Kartoffelmarkt, einem kleinen Platz an der Rämistrasse oberhalb des Bellevue, wird der spanische Künstler Jacobo Castellano seine Installation mit dem Titel «Leche ciega (fuente)» zeigen. Der «Blinde Milch (Brunnen)» bezieht sich einerseits auf die Laktoseintoleranz des Künstlers und verknüpft anderseits das Werk mit dem mittelalterlichen Handelsplatz für Kartoffeln, der im Namen des Standortes anklingt.

Historischen Zusammenhang schafft schliesslich auch die Intervention von Una Szeemann. Sie bringt an der Wühre einen aus Bronze gegossenen Ring mit Handspuren an. Damit spielt sie auf die Bedeutung der Schifffahrt für Zürich an, aber auch augenzwinkernd auf die jüngere KiöR-Geschichte, und erweist dem einst heiss umstrittenen Kunstprojekt «zürich – transit – maritim» (Hafenkran) ihre Reverenz.

Text: Christoph Doswald

«Gasträume 2020», 26. Juni – 20. September 2020.

Ob eine öffentliche Vernissage durchgeführt werden kann, hängt von den behördlichen Corona-Massnahmen ab. Falls eine Eröffnung stattfinden sollte, wird der Anlass kurzfristig bekanntgegeben.

Homepage Gasträume

Ralph Bürgin, «Les hommes assis», 2020. Courtesy Ralph Bürgin und Galerie Barbara Seiler, Zürich.

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